Mäßiger WM-Start
Licht und Schatten bei der Eishockey-Nationalmannschaft in Weißrussland
14. 5. 2014 - Text: Stefan WelzelText: Stefan Welzel; Foto: ČSLH - Aleš Krecl
Seit vergangenem Freitag kämpfen die 16 besten Eishockey-Nationen im weißrussischen Minsk um den Weltmeistertitel. In der Gruppe A absolvierte die tschechische Auswahl ihre ersten drei Spiele mit mäßigem Erfolg. Zwar hießen die Gegner Slowakei, Schweden und Kanada, die nominell stärksten Kontrahenten in der Gruppenphase, trotzdem erhoffte man sich im tschechischen Lager wohl mehr als die bisher gewonnenen drei Punkte.
Das Auftaktspiel am frühen Freitagabend begann vielversprechend. Ondřej Němec vom KHL-Klub Lev Prag, einer der besten Verteidiger der kontinentalen Hockey-Liga, versenkte den Puck nach Vorarbeit von Roman Červenka zur frühen Führung. Es war ein Start nach Maß in ein starkes erstes Drittel. Die Mannschaft von Headcoach Vladimír Růžička überzeugte mit druckvollem und technisch versiertem Spiel – wie man es aus erfolgreichen zwei Jahrzehnten vom tschechischen Nationalteam gewohnt war. Leider folgte danach auch das, was man vom Hockey-Aushängeschild des Landes in den letzten rund anderthalb allzu häufig sieht: ein plötzlicher Leistungsabfall. Seit einiger Zeit schleicht sich die Unbeständigkeit als verlässlichste Konstanz ins Spiel des Teams.
Im Mitteldrittel drehten die Slowaken das Match innerhalb von zehn Minuten. Altmeister Jaromír Jágr sorgte erst in der 58. Minute für den Ausgleich. In der Overtime brachte dann ein Treffer von Jakub Klepiš den Sieg und zwei Punkte. Es war ein großzügiger Lohn für eine insgesamt bescheidene Leistung. „Der Gegner spielte viel besser, als ich es erwartet habe. Die Slowaken haben robuste und sehr agile Spieler in ihren Reihen. Jedenfalls müssen wir unser Spiel noch um einiges verbessern“, gab sich Stürmerstar Jágr nach dem Ende der Partie erstaunt.
Am Sonntag wartete mit Schweden der WM-Titelverteidiger auf Růžičkas Team. Und das Szenario aus dem Eröffnungsspiel wiederholte sich. Erneut begann man fulminant: Schon kurz nach Anpfiff lief NHL-Legionär Tomáš Hertl alleine auf Schwedens Torhüter Nilsson zu und traf routiniert und abgebrüht mit einem satten Schuss ins linke Eck. Nach 20 Minuten ging Tschechien mit einer 2:1-Führung in die Pause. Doch gegen im Vergleich zu den Slowaken noch robustere Schweden konnten Jágr und Co. diese nicht verteidigen. Am Ende der regulären Spielzeit hieß es 3:3.
Auch die Overtime brachte keinen Sieger hervor, sodass das Penalty-Schießen die Entscheidung bringen musste. Ausgerechnet Leistungsträger Červenka scheiterte beim letzten Versuch der Tschechen. „Wir spielten das, was wir uns vorgenommen hatten. Der Einsatz stimmte. Wir hatten nach einer 3:1-Führung noch die eine oder andere Chance, den Sack zuzumachen“, resümierte Růžička. Er hob dabei das Positive hervor, ohne die Fehler zu negieren. Es sei beschämend gewesen, die Schweden am Ende des zweiten Drittels ausgerechnet durch einen Shorthander wieder herankommen zu lassen. Das Gegentor trotz Überzahl steht exemplarisch für ein Team mit Konzentrationslücken und ungewohnten Nachlässigkeiten.
Am Montag, beim Spiel gegen den Turnierfavoriten aus Kanada, zeigte allen voran Stürmer Jan Kovář, wie man ein instabiles Team schnell aus dem Tritt bringt. Sein ungestümes Vorgehen gegen Kevin Bieksa wurde mit fünf Minuten Unterzahlspiel und einer Spieldauerstrafe geahndet. Beim Stand von 1:2 nach 36 Minuten war das spielentscheidend. Innerhalb von nur 17 Sekunden erhöhten die Olympiasieger auf 4:1. An der Niederlage änderte auch das Aufbäumen im Schlussdrittel nichts. Man unterlag mit 3:4. „Wir haben uns heute mit den vielen Strafen selbst geschadet“, gab Růžička nach Spielende zu Protokoll.
In der Tabelle steht Tschechien (bei Redaktionsschluss am Dienstag) auf Rang sechs bei vier ausbleibenden Begegnungen. Als nächstes warten Italien, Dänemark, Norwegen und Frankreich – allesamt Nationen, die Tschechien im Normalfall besiegt. Doch zur Zeit besticht das Team eben durch seine Unbeständigkeit. Und über robuste und agile Spieler verfügen auch die kommenden Gegner aus den vermeintlich kleineren Eishockey-Ländern. Darauf sollte sich auch Weltstar Jágr einstellen, damit Erstaunen nicht Bedauern weichen muss.
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