Malerische Heimat
Auf den Spuren des vor 125 Jahren geborenen Malers Josef Lada im mittelböhmischen Hrusice
6. 12. 2012 - Text: Yvette PolášekText: Yvette Polášek; Bild: Bison & Rose
m Dörfchen Hrusice, etwa 22 Kilometer südlich von Prag, steht noch immer das Haus Nr. 115, das Josef Lada (1887–1957) in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts als Sommervilla für seine Familie errichten ließ. Seine Tochter schenkte es dann in den sechziger Jahren dem Staat, der dem Illustrator und Kinderbuchautor in der Villa eine Gedenkstätte einrichtete. Heute ist hier nicht nur das umfassende Werk von Josef Lada zu sehen, sondern auch das seiner Tochter Alena.
Lebendige Motive
Auch andere Orte zeugen von der Lebensspur des Künstlers: So zum Beispiel die Schule, in der Lada die Bank drückte. In Kunsterziehung hatte er hier nur eine Zwei erhalten. Oder das Gasthaus „U Sejků“, das in zahlreichen seiner Bilder verewigt ist. Vor allem jene, die hier gern auf ein Bier einkehrten und sich bisweilen zu einer Wirtshaus-Rauferei hinreißen ließen, dürften viele vor ihrem geistigen Auge haben, wenn sie an die landesweit bekannte Kneipe denken. Wer hier einkehrt, fühlt sich sofort in die Welt des jungen Josef Lada zurückversetzt, zieren doch bunte Wandmalereien und Bilder des beliebten Landschaftsdichters die Wände der Schankstube.
Den Beinamen „Landschaftsdichter“ erhielt er aufgrund seiner naiven Malerei, mit der er die Region zwischen Prag und dem Fluss Sázava auf unvergleichbare Art festhielt. „Das Fleckchen Erde zwischen Hrusice und Prag, eine wunderschöne Gegend, war für mich das ganze Leben lang Paradies und Inspiration“, schrieb der Künstler über seine geliebte Heimat. Bis zu seinem Tod im Jahre 1957 blieb er ihr treu.
Die Lada-Region (Ladův kraj), zu der die kleine Gemeinde Hrusice mit weiteren zweiundzwanzig Dörfern zählt, kümmert sich heute darum, dass das Vermächtnis des Künstlers nicht in Vergessenheit gerät. Bewunderer seines Werks können hier die Motive auf Schritt und Tritt so erspüren, wie sie sich Lada einst präsentiert haben.
Region mit vielen Facetten
Der junge Josef Lada, den Pablo Picasso später als besten tschechischen Maler bezeichnete, wusste lange nicht, wie er sich selbst ernähren sollte. Er stammte aus einer armen Schuster-Familie und hatte zudem von Kindheit an mit einer körperlichen Behinderung zu kämpfen. Beim Spielen zog er sich eine Verletzung am rechten Auge zu, die zu dessen Erblindung führte. Und doch malte Lada später mühelos und unermüdlich.
Neben der Gedenkstätte sowie einer Tafel zu Ehren Ladas, an deren Stelle sich einst das Geburtshaus des Malers befand, stößt man in Hrusice auf die Kirche des Heiligen Wenzel. Zur Freude der Besucher wurde am Bauwerk mit seinem romanischen Portal aus rotem Sandstein nichts verändert. So präsentiert sich die Dorfkirche dem Betrachter auch heute genauso, wie man sie von Ladas Werken kennt.
Auch andere Plätze, die viele aus den Bildern des Malers kennen, liegen nur einen Katzensprung entfernt. So zum Beispiel die Ruine der Burg Zlenice bei Senohraby, vor deren Kulisse Lada seinen Pfeife rauchenden Wassermann malte.
Ladas Heimat bietet viele Ausflugsziele: unter anderem das Barockschloss Štiřín, das von Baron Franz Seraph Joseph Ringhoffer, dem Gründer der Bierbrauerei Velké Popovice, errichtet worden ist. Außerdem sind die 1898 gegründete Sternwarte Ondřejov mit einem der größten Fernrohre Europas oder die Burgruine Říčany, die im 14. Jahrhundert von Jan Žižka erobert wurde, einen Besuch wert, ebenso wie Schloss Kamenice, das im 18. Jahrhundert den Prager Bischöfen als beliebter Sitz diente.
Die Region hat für jeden Geschmack etwas zu bieten – egal ob Kunst-, Bier-, Natur- oder Sportliebhaber. So bereitet der Verband der Lada-Region gemeinsam mit der Brauerei Velké Popovice alljährlich ein traditionelles Schlachtfest vor. Im Gegensatz zu den Bildern Ladas fehlt dabei allerdings der Schnee. Während man früher bei niedrigen Temperaturen schlachtete, damit das Fleisch nicht allzu schnell verdirbt, bevorzugt man heute für derartige Ereignisse mildere Jahreszeiten.
Mit einem Kater unterwegs
Naturfreunde erwartet der unberührte Nationalpark Voděradské Bučiny sowie der Park Velké Popovice. Hier finden Prozessionen von der Sternwarte bis zu Ladas Häuschen statt. Durch die Lada-Region führt auch der zwanzig Kilometer lange Touristenpfad „Landschaft des Barons Ringhoffs“. In Mirošovice beginnend führt er bis zu Schloss Kamenice und erinnert dabei an den bedeutenden Industriellen des 19. Jahrhunderts.
Radfahrer können sich über ein dichtes Netz an Fahrradwegen freuen: Es durchzieht die gesamte Region und schließt an verschiedene europäische Radrouten an.
Familien mit Kindern zieht es in die Gegend, um auf den Spuren der beliebten Märchenfigur Mikesch zu wandeln. Fast jedes Kind kennt die Geschichten vom schwarzen Kater, der auf seinen Hinterbeinen läuft, der menschlichen Sprache mächtig ist und mit seinen tierischen Freunden – dem Geisbock Bobeš und dem Schwein Pašík – viele Abenteuer erlebt. Entlang des Mikesch-Touristenpfades (Cesta kocoura Mikeše), der von Hrusice nach Říčany führt, warten auf die großen und kleinen Wanderer zwölf Informationstafeln mit Bildern und Textauszügen aus dem bekannten Kinderbuch. Aber auch der Geist des Wassermannes Brčal, die Gespenster Mulisák und Bubáček und viele andere Märchengestalten aus Ladas Kinderbüchern sind in und um Hrusice sowie in der Lada-Region bis heute lebendig.
Informationszentrum Hrusice, Hrusice 142, Senohraby, Tel. 323 655 326, www.obec-hrusice.cz
Informationszentrum Říčany, Masarykovo nám. 83, Říčany, Tel. 323 618 142
Gedenkstätte von Josef Lada und seiner Tochter Alena (Památník Josefa Lady a jeho dcery Aleny), Hrusice 115, Senohraby, Tel. 323 655 204
www.hrusice.muzeumompv.cz und www.muzeumompv.cz
Sommerfrische in der Steiermark
An der Blutigen Straße