Neu im Kino: „Malavita – The Family“
Luc Besson kann sich in seinem neuen Film nicht zwischen Thriller und Komödie entscheiden
28. 11. 2013 - Text: René PfaffText. René Pfaff; Foto: EuropaCorp
Cholong-sur-Avre in der Normandie. Viel war in dem verschlafenen Nest seit der Landung der Alliierten im Zweiten Weltkrieg nicht mehr los. Das ändert sich schlagartig, als Fred Blake (Robert De Niro) mit seiner Familie in der kleinen Stadt auftaucht. Doch mit dieser Familie scheint etwas nicht zu stimmen: Neben einer ausgesprochenen Vorliebe für das Wort „fuck“ fällt sie vor allem durch ihre geringe Frustrationstoleranz auf. So sprengt Gattin Maggie (Michelle Pfeiffer) den örtlichen Supermarkt einfach in die Luft – weil dort keine Erdnussbutter im Regal steht. Die frühreife Tochter Belle (Dianna Agron) wiederum schlägt den lokalen Casanova, weil er sie etwas zu offensiv zu begrapschen versuchte, mit einem Tennisschläger kurzerhand krankenhausreif.
Die Erklärung für die hohe Gewaltbereitschaft: Statt Schriftsteller Fred Blake ist der New Yorker Mafioso Giovanni Manzoni in das efeuumrankte Fachwerkhäuschen an der Hauptstraße eingezogen – seinen ebenfalls höchst kriminellen Anhang im Schlepptau. Im Rahmen eines Zeugenschutzprogramms werden sie von einem FBI-Agenten (Tommy Lee Jones) an wechselnden Orten und selbstverständlich mit einer fingierten Vita und Tätigkeit in Frankreich versteckt, immer auf der Flucht vor der Rache des Mafia-Paten Don Lucchese, den eine belastende Aussage Giovannis vor Jahren hinter Gitter brachte. Aber kein Versteck ist absolut sicher. Durch eine aberwitzige Verkettung höchst unwahrscheinlicher Zufälle bekommt der Don Wind vom neuen Unterschlupf des Manzoni-Clans und schickt seine bis an die Zähne bewaffneten „Mitarbeiter“ augenblicklich an die französische Kanalküste…
Luc Bessons neuer Film „Malavita – The Family“ bewegt sich auf einem schmalen Grat zwischen Thriller und Parodie und weiß den Cineasten mit allerlei Filmzitaten durchaus zu amüsieren. Dem Streifen an sich allerdings bekommt der Genre-Cocktail nicht. Es scheint so, als habe sich der Regisseur, unter dessen Ägide neben der von der Kritik zwiespältig aufgenommenen „Arthur und die Minimoys“-Trilogie auch Filmjuwelen wie „Léon – Der Profi“ entstanden, nicht zwischen Komödie und Thriller entscheiden wollen. An dem Versuch, eine Komödie zu drehen, die gleichzeitig auch noch Spannung erzeugt, ist der Franzose leider gescheitert.
Aber das heißt nicht, dass „Malavita“ nicht sehenswert wäre. Im Gegenteil; zwar leidet der Film unter der Unentschlossenheit des Regisseurs, doch ist er trotzdem weit davon entfernt, Schiffbruch zu erleiden. So vermag neben der gut getimten und zuweilen außerordentlich brutalen Situationskomik besonders die hervorragende Besetzung einiges aufzuwiegen. An der Seite Robert De Niros, dessen brillante Mimik allein schon einen Kinobesuch rechtfertigt, begeistert vor allem Michelle Pfeiffer als leicht prollige Mafia-Braut – in diesem Rollenfach war die Schauspielerin 1988 in „Married to the Mob“ schon einmal zu sehen. Überhaupt steckt der Streifen voller kleiner Verbeugungen an das Genre „Mafia-Film“.
In einer der witzigsten Szenen wird Giovanni beziehungsweise Fred Blake („Ich schreibe ein Buch über die Rolle der Marines beim D-Day“) vom örtlichen Kinoklub zu einer Filmvorführung eingeladen – und gezeigt wird dort ausgerechnet das Mafia-Epos „Good Fellas“, in dem just Robert De Niro in einer Hauptrolle zu sehen ist. Solche kleinen Details geben dem Film, der von Regie-Legende Martin Scorsese produziert wurde, zumindest ansatzweise die Würze zurück, die ihm an anderen Stellen abgeht.
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