Neuer Anlauf
Seit Jahren wird immer wieder über ein generelles Rauchverbot in Gaststätten diskutiert. Nun will es die Regierung endlich umsetzen
6. 8. 2014 - Text: Marcus HundtText: mh/čtk; Foto: Tom Magliery
Svatopluk Němeček (ČSSD) setzt sich für Nichtraucher ein. Der Gesundheitsminister will der Regierung bis Ende dieses Jahres einen Gesetzentwurf vorlegen, der unter anderem das Rauchen in gastronomischen Einrichtungen untersagt. Zudem sollen neue Richtlinien für den Verkauf von Tabak und Alkohol eingeführt werden. Für viele ist das Vorhaben, das im Januar 2016 umgesetzt werden soll, längst überfällig. Denn innerhalb der Europäischen Union genießen Raucher in Tschechien die größten Freiheiten.
Němeček kann nicht nur mit der Unterstützung seiner eigenen Partei, sondern auch der des Koalitionspartners ANO rechnen. Die Abgeordneten der von Finanzminister und Vize-Premier Andrej Babiš geführten Partei hatten sich bereits wenige Tage zuvor für eine Gesetzesänderung ausgesprochen. Der stellvertretende Parteivorsitzende Radek Vondráček kündigte eine eigene Gesetzesnovelle an, nach der ein Rauchverbot in Restaurants und Kneipen noch in diesem Jahr in Kraft treten könnte. „Sie lässt sich in einem Satz ausdrücken: In öffentlichen geschlossenen Räumen, in denen gemeinsam gegessen oder getrunken wird, darf nicht mehr geraucht werden“, so Vondráček. Ähnliche Vorstöße waren bereits in der Vergangenheit unternommen worden, doch verfehlten sie allesamt die dafür notwendige parlamentarische Mehrheit; nie waren sich die Regierungskoalitionen in diesem Punkt einig – was auch am Einfluss der Zigarettenlobby liegt.
Angst vor leeren Kassen
Die Regierung von Ministerpräsident Bohuslav Sobotka ist offiziellen Verlautbarungen zufolge vom Rauchverbot überzeugt und weiß auch die Bevölkerung hinter sich. Umfragen zufolge begrüßen knapp 80 Prozent der Tschechen einen besseren Nichtraucherschutz. Dieser sieht bisher lediglich so aus, dass Lokalbetreiber seit Juli 2014 zu einer räumlichen Abtrennung von Raucher- und Nichtraucherbereich verpflichtet sind. Und sie müssen einen Aufkleber im Eingangsbereich anbringen, der darüber informiert, ob im Lokal geraucht werden darf. Für die einen ist das viel zu wenig, für die anderen absolut ausreichend. Gerade tschechische Gastronomen befürchten Umsatzeinbußen, falls das Rauchverbot durchgesetzt wird. Ein Blick ins europäische Ausland und auf tschechische Nichtraucherlokale könnte sie vom Gegenteil überzeugen: Raucher hatten sich dort schnell an die neue Vorschrift gewöhnt, Nichtraucher kamen öfter – die Gastwirte freuten sich über steigende Umsätze.
Eine aktuelle OECD-Statistik stellt Tschechien ein alarmierendes Zeugnis aus. Demnach raucht hierzulande jeder dritte Erwachsene. Drei von vier 15-Jährigen haben schon einmal geraucht, jeder Vierte in diesem Alter raucht regelmäßig. Zum Vergleich: In Deutschland, Polen und der Schweiz bezeichnet sich nur jeder siebte Jugendliche als sogenannter Gewohnheitsraucher. Besorgniserregend ist auch der Konsum von Alkohol. Trotz eines generellen Verkaufsverbots für alkoholische Getränke an unter 18-Jährige, greifen in Tschechien 60 Prozent aller 16-Jährigen zur Flasche – und zwar regelmäßig.
Gesundheitsminister Němeček steht vor einer großen Aufgabe. Dass er das Rauchverbot in tschechischen Gaststätten durchsetzt, darauf hoffen die meisten. Doch trotz der guten Chancen glauben das längst nicht alle. Der Politikwissenschaftler Milan Znoj bleibt skeptisch. In der vergangenen Woche erklärte er in einem Gespräch mit der Tageszeitung „Hospodářské noviny“, die Koalitionspartner von ANO, Sozial- und Christdemokraten hätten zwar ihre Zustimmung für das „Gesetz zum besseren Schutz vor dem schädlichen Einfluss von Tabak und Alkohol“ signalisiert. „Doch letztlich wird es auch bei dieser Regierung darauf ankommen, wie viele Raucher sich unter den Parlamentsabgeordneten befinden“, so der Politologe.
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