Neues Bauen
Die Jaroslav-Fragner-Galerie präsentiert das architektonische Lebenswerk von Heinrich Lauterbach
27. 2. 2014 - Text: Nina MoneckeText: Nina Monecke; Foto: GIF
Architekten, Bildhauer, Maler, sie alle müssten zum Handwerk zurück. Der Künstler sei die Steigerung des Handwerkers. So beschrieb es der Begründer der Bauhaus-Architektur Walter Gropius in seinem Manifest. Dem funktionalistischen Anspruch dieser „Neuen Sachlichkeit“ lässt sich auch das Lebenswerk von Heinrich Lauterbach zuordnen. Der in Breslau geborene Architekt und Theoretiker war Protagonist der „Neues Bauen“-Bewegung, die den Städtebau mit sozialer Verantwortung verband. Die Verwendung neuer Materialien wie Glas, Stahl und Beton ermöglichte einfache Formen und kostengünstige Bauten. Die Jaroslav-Fragner-Galerie stellt derzeit das Œuvre Lauterbachs vor.
Im Vorraum der Galerie begegnen wir zwei Bauwerken Lauterbachs auf böhmischem Boden. 1930 entwarf dieser für das Unternehmer-Ehepaar Jaroslav und Zdenka Hásek eine Villa in Gablonz an der Neiße (Jablonec nad Nisou). Statt luxuriösem Prunk sollten die hohen und lichtdurchfluteten Räume Ruhe und Subtilität vermitteln. Dabei waren vielfältige Nutzungsmöglichkeiten ein hohes Gebot, ohne dabei monoton zu wirken. Es sind die originalen Bauplan-Grundrisse des Haupt- und Untergeschosses sowie zahlreiche Fotografien der Räumlichkeiten sowie Außenaufnahmen zu sehen. Der zweite Bau ist die Villa von Dr. Friedrich Franz Schmelowsky, die, in derselben Stadt gelegen, von der Villa Hásek inspiriert wurde. Der Akademiker erhielt von Lauterbach ein Haus im Stil der „Schiffsarchitektur“. Die sich länglich erstreckende Form und der massive Stahlrahmen erwecken den Eindruck eines Bootes, das an einem steilen Hang angelegt hat.
Prinzip der Nüchternheit
Der Hauptraum widmet sich vor allem Lauterbachs Werk vor dem Zweiten Weltkrieg. Internationale Aufmerksamkeit erlangte der deutsche Architekt insbesondere durch sein großes Wohnsiedlungsprojekt in der schlesischen Hauptstadt Breslau. Die Büro- und Fabrikgebäude sowie Studentenwohnheime und Häuserblocks sind in der Mitte des Ausstellungsraumes als Modell nachgebildet. Die Ausstellung „Wohnung und Werkraum“ (WUWA) realisierte er 1929 in Kooperation mit dem Deutschen Werkbund. Lauterbach bewies hier, dass das Prinzip der Nüchternheit und der Verzicht von überflüssigen Details sich nicht automatisch dem Gespür für Gemütlichkeit entziehen muss. Moderne Materialien und Konstruktionstechnologien entsprechen dem praktischen Anspruch des „Neuen Bauens“.
Lauterbach ließ sich nicht von Ideen in die Irre führen, die lediglich auf dem Papier existieren konnten. Angesichts der schlechten wirtschaftlichen Lage der meisten Menschen setzte der spätere Universitätsprofessor darauf, den Raum optimal auszunutzen und das Interieur rational aufzuteilen. Der deutsche Architekt Guido Habers bezeichnete das Wohnprojekt als „für den modernen Menschen geschaffen“.
Die Ausstellung zeigt auch das Eigenheim von Lauterbach. Das 1938 im schlesischen Nesselgrund erbaute Haus ist klein und einfach konzipiert. Die tiefe Rinne des Giebeldachs verdeutlicht, dass für das Ehepaar Lauterbach der Aspekt der Sicherheit eine zentrale Rolle spielte.
In den Nachkriegsjahren gelang es Lauterbach nicht mehr, an seine früheren Erfolge anzuknüpfen. 1968 sagte er rückblickend, dass die humane Katastrophe des 20. Jahrhunderts sein Heimatland und seine geliebte Stadt Breslau zerstört habe.
Die Schau setzt sich intensiv mit Lauterbachs architektonischem Werk und seiner Bauphilosophie auseinander. Einen besonders interessanten Blickwinkel bieten die Info-Tafeln, auf denen nicht einfach schnöde Fakten aufgeführt sind. Stattdessen sind Zitate bekannter und befreundeter Künstler abgedruckt, die ihre persönliche Auffassung zum jeweiligen Bauwerk und Lauterbachs Person zum Ausdruck bringen.
„Heinrich Lauterbach. An Architect of Wroclaw Modernism“. Galerie Jaroslava Fragnera (Betlémské náměstí 5a, Prag 1), geöffnet: täglich außer montags 11 bis 19 Uhr, Eintritt: 40 CZK (ermäßigt 20 CZK), www.gjf.cz, bis 16. März
„Wir wollen das Verbindende zeigen“
„Befreite Frauen“