Nicht nur für grüne Daumen

Nicht nur für grüne Daumen

Am Wochenende locken tschechische Parkanlagen Besucher hinter den Gartenzaun. Drei Tipps für einen Ausflug

10. 6. 2015 - Text: Franziska NeudertText: Franziska Neudert; Foto: VOZ

 

Seit fünf Jahren gewähren tschechische Parkanlagen am zweiten Juniwochenende einen Einblick in Gartenkunst und Landschaftsarchitektur. Nach dem Vorbild Großbritanniens, wo das „Wochenende der offenen Gärten“ begründet wurde, sind am kommenden Samstag und Sonntag, 13. und 14. Juni auch Anlagen zugänglich, deren Tore sonst verschlossen bleiben. Im vergangenen Jahr beteiligten sich mehr als 126 Gärten an der Aktion; die Veranstalter zählten über 10.000 Besucher. Dieses Mal sollen es noch mehr werden. Damit sich Interessierte nicht im Labyrinth der Auswahl verlaufen, stellt die PZ drei Tipps für einen Ausflug ins Grüne vor.

Schloss Vrchotovy Janovice
„Nicht weiter will ich. Eitler Fuß, mach Halt!“, schrieb der Schriftsteller Karl Kraus in seinem Gedicht „Wiese im Park“ tief beeindruckt vom Schlossgarten in Vrchotovy Janovice (Janowitz). Kraus war ebenso wie Rainer Maria Rilke regelmäßiger Gast auf dem Anwesen. Beide verband eine enge Freundschaft mit der letzten Schlossherrin, der Kunstliebhaberin und Mäzenin Baronin Sidonie Nádherný. Mit der Dauerausstellung „Rilke, Kraus und das Schloss Janowitz“ ist die neugotische Residenz nicht nur für jene einen Besuch wert, die sich auf literarische Spurensuche begeben wollen. Der weitläufige Schlosspark am Ende des Dorfes Vrchotovy Janovice in den Ausläufern der Böhmisch-Mährischen Höhe bietet eine Möglichkeit, Ruhe im Grünen zu finden. Die Anlage ist Heimat zahlreicher Baumarten; hier wachsen beispielsweise Hemlocktannen, Omorika-Fichten und Zaubernussbäume. Am Wochenende erwartet das Schloss seine Besucher mit dem Programm „Karte des Parkes – Karte des Lebens“. Verschiedene Orte im Park werden mit dem Schicksal der Baronin Nádherný verknüpft, die der Grünanlage ihre heutige Gestalt verlieh. Stationen wie „Musik“, „Sport“, „Wissenschaft“ oder „Reisen“ erzählen von der letzten Schlossherrin von Vrchotovy Janovice. Mit dem Eintritt können Besucher zugleich an einer Verlosung teilnehmen und Freikarten für das Musical „Touha jménem Einodis“ („Sehnsucht namens Ein­odis“) gewinnen, das sich mit dem Leben Nádhernýs auseinandersetzt und im August im Prager Theater Ungelt aufgeführt wird.

Blumengarten und Schlosspark in Kroměříž
Der Blumengarten im ostmährischen Kroměříž ist ein besonderes Beispiel für die Gartenkunst des 17. Jahrhunderts. Er weist Merkmale italienischer Renaissancegärten auf und ist andererseits ein typischer Vertreter französischer Barockgärten des Klassizismus. Eine solche Mischform ist in Europa einzigartig. Die Anlage wurde seit Anfang des 19. Jahrhunderts immer wieder restauriert – die Arbeiten wurden erst im vergangenen Jahr abgeschlossen – und zählt gegenwärtig zu den am besten erhaltenen Gärten Tschechiens. Sie befindet sich westlich der Altstadt von Kroměříž und gehört zusammen mit dem Schloss (ehemals Erzbischöfliches Palais) sowie dem großen Schlosspark seit 1998 zum Unesco-Weltkulturerbe. In der Mitte des Gartens befindet sich ein reich mit Stuck und Fresken verzierter achteckiger Pavillon. Zwei Palmenhäuser nahe des Eingangsbereichs beherbergen tropische und subtropische Pflanzen. Eine mehr als 200 Meter lange Kolonnade flankiert den Garten. Zahlreiche Statuen antiker Gottheiten und historischer Persönlichkeiten schmücken den Säulengang. Am Wochenende lockt der Blumengarten seine Gäste mit kommentierten Führungen, Spielen für Kinder und Erwachsene sowie Filmvorführungen und klassischen Konzerten. Im chinesischen Pavillon des größeren Schlossparks eröffnet am Samstag eine Ausstellung über fernöstliche Marionetten und Kalligrafie. Kinder können in einem Workshop die Kunst des Origami erlernen. Am Sonntag können sich Erwachsene bei einer Führung den Einfluss chinesischer Kultur auf die Gartenkunst erläutern lassen. Der „Tee um fünf“ gewährt Einblick in eine traditionelle Teezeremonie.

Gärten der Böhmisch-Mährischen Höhe
Neben den großen und bekannten Gärten wie dem des Zisterzienserklosters in Žďár nad Sázavou oder dem der Mahler-Villa in Havlíčkův Brod öffnen am zweiten Juni-Wochenende auch zahlreiche private Anlagen ihre Tore. Dazu gehört unter anderem der Naturgarten in Baliny. Als Bestandteil des Ökozentrums Chaloupky haben es sich die Betreiber zur Aufgabe gemacht, ihre Besucher für das Verhältnis zwischen Mensch und Natur zu sensibilisieren. Bildungsprogramme für Kinder, Senioren und Erwachsene sollen das Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit Pflanzen und Tieren schärfen. Am Wochenende können Gäste in Baliny – rund 40 Kilometer östlich von Jihlava – an einem Bastelworkshop teilnehmen. Etwa 60 Kilometer weiter nordwestlich, im Naturgarten Libická Lhotka in Chotěboř, erfahren Interessierte, wie man Beete anlegt, richtig senst und Permakulturen pflegt. Mehr über Tier­unterschlüpfe, Sonnenuhren und Pflanzenarten lernen Besucher im Schulgarten der Grundschule in Přibyslav, etwa 15 Kilometer östlich von Havlíčkův Brod. Im Steingarten von Burg Kamen bei Pelhřimov führen kommentierte Routen durch die Geschichte der ursprünglich spätgotischen Festung. Außerdem können sich Neugierige über Flora und Fauna des Anwesens sowie dessen Revitalisierung informieren. In einem Quiz können sie ihr frisch erworbenes Wissen anschließend testen.

Wochenende der offenen Gärten, 13. und 14. Juni, Informationen unter www.vikendotevrenychzahrad.cz