Oberbürgermeister sieht rot
Die Opencard hat Milliarden gekostet und dient lediglich als Fahrschein. Nun könnte sie abgeschafft werden
15. 5. 2014 - Text: Martin NejezchlebaText: Martin Nejezchleba; Foto: APZ
Die Stadt hat mehr als 1,2 Milliarden Kronen für die roten Karten ausgegeben und mehr als elf Prozent aller Tschechen haben sie im Geldbeutel: Die „Karte der Prager“, Opencard. Seit das Projekt 2005 ins Leben gerufen wurde, begleitet es scharfe Kritik: viel zu teuer, Korruption im Spiel, der Datenschutz mangelhaft. Jetzt droht das endgültige Aus für die Chipkarte.
In der vergangenen Woche gab Oberbürgermeister Tomáš Hudeček (TOP 09) bekannt, man sei sich mit der Betreiberfirma nicht über die Bedingungen für eine Fortsetzung der Zusammenarbeit einig geworden. Bereits Tage zuvor hatte die Nichtregierungsorganisation „Oživení“ auf das unvorteilhafte Angebot der Firma eMoneyService (EMS) hingewiesen. „EMS fordert für die Fortsetzung der Dienstleistungen in den nächsten zwei Jahren um die 300 Millionen Kronen“, erklärte Lukáš Landa von der Organisation, die sich für mehr Transparenz im öffentlichen Sektor einsetzt. Seinen Angaben zufolge würde ein ähnliches System bei anderen Betreibern 20 bis 60 Millionen Kronen kosten. Am Mittwoch vergangener Woche gab OB Hudeček dann bekannt: „Auf das unerträglich hohe Angebot von EMS musste eine radikale Reaktion folgen“ – und schloss eine weitere Zusammenarbeit aus. Die Firma verhandelt laut Angaben der Tageszeitung „MF Dnes“ nun mit anderen Anbietern über einen Verkauf der Lizenzen – auch ein Unternehmen in Singapur soll im Spiel sein. Ex-Oberbürgermeister Pavel Bém, der das undurchsichtige Projekt aus der Taufe gehoben hatte, bezeichnete Hudeček als „Totengräber Prags“.
2005 haben die Stadträte die Opencard verabschiedet. Sie sollte eine Multifunktions- und Zahlungskarte für den Stadtmenschen von heute werden. Die Firma Haguess, deren späterer Chef Petr Stránský als Berater im Rathaus tätig war, bekam den strittigen Auftrag. Bis heute sind nur Grundfunktionen verfügbar. Die meisten Prager nutzen sie lediglich als Fahrkarte für den öffentlichen Nahverkehr – da Monats- und Jahrestickets nicht mehr auf Papier ausgegeben werden, bleibt ihnen auch nichts anderes übrig. Bald wurde Kritik an mangelndem Schutz persönlicher Daten laut – zudem habe sich die Stadt vertraglich von Haguess abhängig gemacht. 2013 verkaufte Haguess den Löwenanteil der Rechte an EMS, bei der laut „Oživení“ ebenso Stránský die Finger im Spiel hat. Im März vergangenen Jahres wurden zehn Stadträte, einschließlich Oberbürgermeister Hudeček, wegen Amtsmissbrauchs angeklagt. Angeblich haben sie die Firma Haguess begünstigt.
Wie der Streit endet, wagt im Moment keiner abzuschätzen. Die Fronten sind verhärtet, EMS und Rathaus kommunizieren kaum miteinander. Beiden Parteien könnte es aber auch darum gehen, sich durch Drohgebärden nur eine bessere Verhandlungsposition zu verschaffen. Laut EMS endet die technische Unterstützung der Chipkarte bereits am 15. Juni. OB Hudeček aber versichert, dass der reibungslose Betrieb bis Ende des Jahres gesichert sei.
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