Preisträger protestiert gegen Zeman
Der deutsche Historiker Werner Imhof gibt seine tschechische Verdienstmedaille zurück
31. 8. 2016 - Text: Stefan WelzelText: Stefan Welzel; Foto: Werner Imhof/privat
Es ist ein bemerkenswertes Zeichen, das Werner Imhof Ende vergangener Woche gesetzt hat. Der 56-jährige Historiker aus Wiesbaden gab am Freitag in einem Schreiben bekannt, dass er die Verdienstmedaille des Tschechischen Verbandes der Freiheitskämpfer (ČSBS) zurückgibt. Anlass ist ein anderer vom selben Verband Geehrter: Präsident Miloš Zeman. Das Staatsoberhaupt nahm im Juni aufgrund seines „langjährigen Einsatzes für Freiheit und Demokratie“ das Ehrenkreuz des ČSBS entgegen.
Imhof hält die Auszeichnung Zemans für unangebracht, denn der Präsident mache Stimmung gegen Flüchtlinge und deren Aufnahme in Europa, toleriere Rechtsradikalismus, beleidige Journalisten und Non-Profit-Organisationen und zeige keinen Respekt vor EU-Abmachungen zur Flüchtlingsaufnahme. Die Reaktion der Prager Burg ließ nicht lange auf sich warten. Zemans Sprecher Jiří Ovčáček nannte Imhofs Aktion am Samstag eine „rein politische Geste, die nur von einem Teil der Medien, der Prager Kaffeehausszene und der Oppositionspartei TOP 09 geschätzt wird“. Mit dem Begriff „Prager Kaffeehausszene“ verunglimpft Zeman gewöhnlich linksintellektuelle Kreise in der Hauptstadt.
Imhof leugnet gegenüber der „Prager Zeitung“ gar nicht, dass es sich bei der Rückgabe um eine politisch motivierte Aktion handelt. „Es liegt mir aber fern, den Präsidenten zu beleidigen. Ich tue lediglich meine Meinung kund“, so Imhof. Es blieben ihm, dem einfachen Bürger, auch nicht viele andere Möglichkeiten, um gegen Zemans Positionen und sein „amtsunwürdiges Verhalten“ zu protestieren.
Überrascht vom Medienecho
Der seit 20 Jahren in Nordböhmen lebende Historiker und Publizist erhielt die Verdienstmedaille vor fünf Jahren. Als Mitarbeiter der Brücke/Most-Stiftung organisierte er unter anderem an deutschen Schulen mehrere hundert Zeitzeugengespräche mit tschechischen Holocaust-Überlebenden. Imhof habe sich deshalb als „Brückenbauer der deutsch-tschechischen Freundschaft profiliert“, erklärte Ovčáček zunächst lobend, um im gleichen Atemzug zu relativieren und Imhof vorzuwerfen, dem Verhältnis mit solchen Äußerungen bewusst zu schaden. Den Vorwurf weist Imhof jedoch entschieden zurück. Vielmehr sei es Zeman, der die Brücke der Freundschaft mit populistischen Statements gegen die Politik Angela Merkels ins Wanken bringe. Der Historiker erinnert darüber hinaus an den Präsidentschaftswahlkampf vor rund vier Jahren. Zeman geißelte damals medienwirksam die kritische Haltung seines Konkurrenten Karel Schwarzenberg zu den Beneš-Dekreten. Der spätere Gewinner der Wahl profilierte sich als guter Patriot und Verteidiger der tschechischen Interessen gegenüber den Sudetendeutschen.
Vom großen Medienecho, das Imhof mit der Rückgabe der Medaille auslöste, zeigt er sich überrascht. Sogar das Tschechische Fernsehen berichtete in den Hauptnachrichten darüber. Und mit einer derart schnellen Reaktion der Prager Burg habe er ebenso wenig gerechnet. Vom Verband der Freiheitskämpfer hat Imhof indes noch keine Antwort bekommen. All das hinderte ihn jedoch nicht daran, an seinem Protest festzuhalten. Am Montag hat er die Medaille in seinem Wohnort Mikulášovice auf die Post gebracht.
„Wie 1938“
„Unterdurchschnittlich regiert“