Protest aus der Lausitz in Prag

Protest aus der Lausitz in Prag

Tschechisches Interesse an Vattenfall: Menschen in der Region fürchten mehr Braunkohleabbau

1. 12. 2015 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: ideengruen.de

Weil sie Angst um ihre Häuser haben, sind Menschen aus der Lausitz am Mittwoch vergangener Woche nach Prag gekommen. Vor der ČEZ-Zentrale protestierten sie gegen die Pläne des halbstaatlichen Energiekonzerns, Vattenfalls deutsche Braunkohlesparte zu kaufen. Sie fürchten, ČEZ würde nach einer möglichen Übernahme in neue Tagebaue investieren, denen mehrere Gemeinden weichen müssten. Die tschechische Nachrichtenagentur zählte bei der Aktion knapp 20 Teilnehmer. Die Lausitzer hatten jedoch mehr als 40.000 Postkarten dabei, mit denen Anwohner der betroffenen Region gegen den Abbau protestieren. Die übergaben die Demonstranten in Prag an Vertreter des Energiekonzerns.

Mit nach Tschechien waren auch die Landtagsabgeordneten Heide Schinowsky aus Brandenburg und Gerd Lippold aus Sachsen (beide Grüne) gekommen. „Der Braunkohlestrom wird aufgrund der Energiewende immer weniger gebraucht und die Gesellschaft ist nicht mehr gewillt, die Millionen Euro an Folgekosten des Kohleabbaus zu tragen“, sagte Lippold. Potenzielle Käufer müssten sich darauf einstellen, dass Landes- und Bundespolitik in Deutschland die Rahmenbedingungen für die Kohleverstromung weiter einschränken würden, ergänzte Schinowsky. „Auf Bundesebene besteht das Ziel, den Braunkohlestrom aus Gründen des Klimaschutzes weiter zu reduzieren. Zudem gibt es in mehreren Bundesländern Bestrebungen, die Bergbaubetreiber verstärkt an den Kosten für die Folgen des Braunkohleabbaus zu beteiligen.“

ČEZ reagierte auf die Proteste mit einer Pressemitteilung, in der Sprecherin Zuzana Krejčiříková Braunkohle als „ideale, weil sichere und günstige Brückentechnologie auf dem Weg in eine Energiezukunft mit nur niedrigen Kohlenstoff­dioxid-Emissionen“ bezeichnete. Sollte ČEZ das deutsche Braunkohle-Geschäft von Vattenfall erwerben, „schließen wir ganz klar aus, dass wir Braunkohle aus Deutschland nach Tschechien exportieren“, so Krejčiříková, deren Worten zufolge das Unternehmen derzeit ein Angebot für Vattenfalls Braunkohlesparte vorbereite. Deutschland sei „ein sehr attraktiver Standort für ČEZ“, betonte die Sprecherin. „Vor kurzem haben wir uns über unsere Tochter Inven Capital an dem bayerischen Unternehmen Sonnenbatterie beteiligt. Und erst Anfang dieser Woche haben wir einen Anteil an dem Dresdner Cleantech-Unternehmen Sunfire erworben.“

Im September hatte der schwedische staatliche Energie­konzern Vattenfall Interessenten aufgerufen, ein Kaufangebot für seine Braunkohlekraftwerke und -gruben in Deutschland vorzulegen. Neben ČEZ hat auch die tschechische Energie- und Industrieholding EPH Interesse bekundet.

Die Umweltorganisation Greenpeace wollte ebenfalls mitbieten, um die Anlagen stillzulegen. Sie wurde im November aber aus dem Verfahren ausgeschlossen. Vertreter von Greenpeace in Tschechien glauben, dass im Fall eines Verkaufs an ČEZ oder EPH wahrscheinlich die bestehenden Tagebaue Welzow-Süd und Nochten erweitert und drei neue betrieben würden. Die Umweltschützer fürchten, dass deswegen acht Gemeinden verschwinden müssten.