Publikumsliebling und Rebell
Der Schauspieler und ehemalige Dissident Pavel Landovský ist gestorben
15. 10. 2014 - Text: Franziska NeudertText: Franziska Neudert; Foto: David Sedlecký
„Ich würde alles auf der Welt tun, aber es muss mir dabei jemand zuschauen“, legte Pavel Landovský dem Protagonisten seines Theaterstück „Supermanka“ in den Mund. Dass er aus demselben Holz geschnitzt war, bewies er selbst unzählige Male auf der Bühne. Für Regie-Größen wie Miloš Forman, Jiří Menzel und Jan Svěrák schlüpfte er in die unterschiedlichsten Rollen, war Kleinkrimineller, Offizier und wortkarger Schneider. Seine starke Bühnenpräsenz machte ihn in Tschechien zu einem der beliebtesten Volksschauspieler. Dabei war er eher auf Umwegen zur Schauspielerei gekommen. Am Freitag vergangener Woche starb der Schauspieler im Alter von 78 Jahren an den Folgen eines Herzinfarkts in Prag.
Pavel Landovský wurde 1936 im ostböhmischen Havlíčkův Brod geboren. Zunächst absolvierte er eine Lehre als Werkzeugmacher. Nach bestandenem Abschluss als Ingenieur bewarb sich Landovský mehrfach um einen Studienplatz an der Theaterfakultät der Hochschule für musische Künste in Prag – vergeblich: Wegen vermeintlich mangelnden Talents wurde er viermal abgelehnt. Erste Erfahrungen vor Publikum sammelte Landovský als Statist im Theater in Teplice. Es folgten Lehrjahre auf kleineren regionalen Bühnen in Šumperk, Klatovy und Pardubice. Mitte der sechziger Jahre schloss sich Landovský dem Ensemble des Prager Theaters Činoherní klub an, für das er auch sein erstes Stück „Hodinový hoteliér“ („Der Stundenhotelier“) schrieb. In dieser Zeit avancierte der Schauspieler zu einem regelrechten Publikumsliebling. Vor der Kamera stand er unter anderem für Film-Klassiker wie Jiří Menzels „Ostře sledované vlaky“ („Liebe nach Fahrplan“) und „Pension pro svobodné pány“ („Pension für Junggesellen“) von Jiří Krejčík.
Die Zeit der Normalisierung setzte dem Ruhm Landovskýs ein vorläufiges Ende. Unermüdlich erhob der Schauspieler seine Stimme gegen die kommunistischen Machthaber und hielt nicht zurück, was er dachte. Das brachte den Mimen mehrmals hinter Gitter. 1971 wurde er mit einem Spielverbot für Film und Fernsehen belegt. 1976 folgte das Auftrittsverbot für Theater, nachdem sich Landovský für die Veröffentlichung der Charta 77 stark gemacht hatte. Gemeinsam mit Václav Havel und dem Schriftsteller Ludvík Vaculík galt er als einer der drei offiziellen Vertreter der daraus hervorgegangenen Bürgerrechtsbewegung.
Nachdem Landovský die Bühnen seiner Heimat versperrt wurden, emigrierte er nach Wien, wo er 1978 Anstellung am Burgtheater fand. Dort war er unter anderem in den unkonventionellen Inszenierungen des Berliner Regisseurs Peter Zadek zu sehen. Erst nach der Samtenen Revolution kehrte Landovský nach Prag zurück und knüpfte an seine Schauspielkarriere an. Seinen ersten Auftritt erlebte er 1990, als im Činoherní klub das absurde Drama „Audience“ seines kurz zuvor zum Präsidenten gewählten Freundes Václav Havel uraufgeführt wurde.
Landovský blieb Theater und Film bis ins hohe Alter treu. Er wirkte in zahlreichen internationalen Produktionen wie Formans „Ragtime“, „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“ oder „Uprising – Der Aufstand“ mit. Mit seiner Rolle als Offizier der tschechoslowakischen Armee im 1992 gedrehten Streifen „Černí baroni“ („Schwarze Barone“) setzte Landovský einen kleinen schauspielerischen Meilenstein. Die Komödie nach dem gleichnamigen, jahrelang verbotenen Roman von Miloslav Švandrlík setzt sich mit jenen „politisch Unzuverlässigen“ auseinander, die ihren Wehrdienst als Arbeitskräfte im Bergbau oder in der Landwirtschaft ableisten mussten. Darüber hinaus schrieb Landovský mehrere Theaterstücke wie die Satire „Wegen Desinfektion geschlossen“.
„Markus von Liberec“
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