Rechenspiele in Bratislava
Sozialdemokraten bangen nach der Parlamentswahl um den Machterhalt
9. 3. 2016 - Text: Marcus HundtText: Marcus Hundt; Foto: MGlen/CC BY-SA 3.0
Zum vierten Mal seit 2006 hat Robert Fico mit seinen Sozialdemokraten am vergangenen Wochenende die meisten Stimmen bei slowakischen Parlamentswahlen erhalten. Doch obwohl ihn Präsident Andrej Kiska höchstwahrscheinlich an diesem Mittwoch (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe) mit der Regierungsbildung beauftragt, steht nicht fest, ob Fico auch eine parlamentarische Mehrheit findet. Man muss kein Rechenkünstler sein, um zu wissen, dass das schwer wird.
Die Smer-SD, die in den vergangenen vier Jahren im Parlament über eine komfortable Mehrheit verfügte und allein regieren konnte, kam dieses Mal nur auf 28,3 Prozent der Stimmen. Die rechtsliberale SaS („Freiheit und Solidarität“) und die aus ihr hervorgegangene Protestpartei OľaNO („Gewöhnliche Leute und unabhängige Personen“) – für die zusammen etwa 23 Prozent der Wähler stimmten – lehnten eine Koalition mit den Sozialdemokraten bislang ab. Die rechtsextreme „Volkspartei – Unsere Slowakei“ (ĽSNS) schaffte zum ersten Mal den Einzug ins Parlament, sämtliche Parteien schlossen jedoch eine Zusammenarbeit mit ihr aus.
Insgesamt werden acht Parteien im sogenannten Nationalrat vertreten sein, darunter auch die nationalistische SNS sowie die als unberechenbar geltenden Neugründungen Sieť („Netzwerk“) des konservativen Ex-Präsidentschaftskandidaten Radoslav Procházka und Sme Rodina („Wir sind eine Familie“) des rechtspopulistischen Unternehmers Boris Kollár.
„Ich denke, dass wir eine Chance zur Regierungsbildung haben und mit fünf Parteien verhandeln können“, sagte Premier Fico nach Bekanntgabe des offiziellen Wahlergebnisses am Sonntag. Doch da hat er sich geirrt: Mit Ausnahme der Slowakischen Nationalpartei (SNS), der ĽSNS und der Partei der ungarischen Minderheit Most-Híd will inzwischen niemand mehr mit den Sozialdemokraten verhandeln. Und eine Dreierkoalition mit der Ungarn-Partei und den Nationalisten stünde nicht nur rechnerisch auf wackligen Füßen – sie käme auf 75 von 150 Sitzen –, sondern ist auch „praktisch undenkbar“, wie der Vorsitzende von Most-Híd mehrfach klarstellte. Wenige Tage nach den Wahlen steht Fico vor einer unlösbaren Aufgabe.
„Wie 1938“
„Unterdurchschnittlich regiert“