„Romafeindliche Grundhaltung“
Inlandsnachrichtendienst: Ethnische Spannungen können Sicherheit des Staates bedrohen
31. 7. 2013 - Text: Marcus HundtText: Marcus Hundt; Foto: Jana Dolečková
Die roma-feindliche Stimmung in Teilen der tschechischen Gesellschaft drohe die innere Sicherheit des Landes zu gefährden. Langfristig gesehen sei dieses Problem weitaus größer als die „relativ gut zu lokalisierenden Rechtsextremisten“. Zu diesem Fazit kommt der Inlandsnachrichtendienst BIS in seinem am Dienstag veröffentlichten Bericht über die Entwicklung der extremistischen Szene in Tschechien.
In einigen Regionen des Landes haben sich die ethnischen Spannungen besonders deutlich gezeigt. „Einzelne Vorfälle zwischen Angehörigen der Roma-Minderheit und der Mehrheitsgesellschaft“ hatten in den vergangenen Wochen Anti-Roma-Demonstrationen im nordböhmischen Duchcov (Dux) und südböhmischen České Budějovice (Budweis) ausgelöst. Die Extremismusforscher des BIS bemerken, „obwohl sich unter den Teilnehmern dieser Protestaktionen auch eine Reihe von Rechtsextremisten befanden, bildeten die gewöhnliche Bürger die überwiegende Mehrheit.“ Darin spiegle sich deren allgemeine Unzufriedenheit und die Frustration über ein mutmaßlich ungelöstes Roma-Problem wider. „Ein kleiner Impuls reicht, damit eine latente romafeindliche Grundhaltung auf alltägliche Probleme und angestauten Frust trifft und sich in radikalen Aktionen entlädt“, teilte die Behörde mit.
Laut BIS müssten die ethnischen Spannungen „schnellstmöglich, pragmatisch und ohne unnötige Emotionen“ beseitigt werden. Andernfalls drohe auf lange Sicht eine schrittweise Eskalation dieses Problems und ein wachsendes Misstrauen gegenüber den „demokratischen Grundlagen der Tschechischen Republik“.
Negative Entwicklung
Rechtsextreme Gruppen hätten laut BIS versucht, die im Juni stattgefundenen Anti-Roma-Proteste in Duchcov für sich auszunutzen. „Trotz der relativ hohen Teilnahme ist es der Arbeiterpartei der sozialen Gerechtigkeit (DSSS) nicht gelungen, ihre Popularität zu steigern“, heißt es in dem Bericht. An der Demonstration in der nordböhmischen Kleinstadt hatten sich etwa 1.000 Bürger beteiligt, die Hälfte von ihnen seien Mitglieder der DSSS gewesen. „Bei den Protesten in České Budějovice sind sie bereits nicht mehr in Erscheinung getreten.“ Dort hätten sich stattdessen unorganisierte Gruppen von Rechtsextremisten und Hooligans unter die Menge gemischt.
20 Jahre nach der Staatsgründung ist das Verhältnis zwischen der Mehrheitsbevölkerung und den geschätzten 250.000 Roma in Tschechien schlechter denn je. Aktuelle soziologische Untersuchungen stützen diese Annahme. Demnach bezeichnen 87 Prozent der tschechischen Bevölkerung das Verhältnis zwischen den beiden Volksgruppen als schlecht. Seit dem Jahr 1997, als diese Daten zum ersten Mal erhoben wurden, war noch nie ein so hoher Wert verzeichnet worden. Auch die Aussagen zur persönlichen Einstellung zeichnen ein deutliches Bild: Insgesamt 69 Prozent der Tschechen haben eine ablehnende Haltung gegenüber Roma, 13 Prozent fühlen gar Abscheu. Dass die gescheiterte Integration der Roma in Tschechien auch ein Versagen der Politik ist, darauf weisen nicht nur Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International hin, sondern auch Institutionen wie der Europa- und der Menschenrechtsrat.
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