Rücktritt Nummer zehn
Sozialminister tritt wegen Korruptionsaffäre zurück – TOP 09 spricht vom Sturz der Regierung
10. 10. 2012 - Text: Martin NejezchlebaText: mn/čtk; Foto: TOP 09
Das Personalkarussell Nečas dreht sich weiter. Am vergangenen Donnerstag ist mit Jaromír Drábek (TOP 09) der zehnte Minister aus seinem Sitz gefallen. Seinen Rücktritt kündigte der Leiter des Ressorts für Arbeit und Soziales zum 31. Oktober an. Hintergrund ist eine Korruptionsaffäre um seinen Stellvertreter Vladimír Šiška. „Mich persönlich hat das schwer getroffen“, sagte Drábek Anfang vergangener Woche den versammelten Journalisten am Regierungssitz. Er könne sich nicht vorstellen, dass sein Stellvertreter eine Straftat, wie das Bestechen einer anderen Person, begangen haben sollte.
Zuvor hatte sich Drábek beschwert, von der Korruptionspolizei nicht im Voraus informiert worden zu sein. Dass der Einsatz unmittelbar vor den Wahlen erfolgt war, bezeichnete er als „skandalös“.
Nachfolger oder Neuwahlen?
Dann blieb Drábek nur noch die Flucht nach vorn. Am Dienstag feuerte er seinen Stellvertreter und kündigte seinen Rücktritt an, sollte das Gericht den Korruptionsverdacht bestätigen. Am nächsten Tag war es dann so weit. Šiška tritt die Untersuchungshaft an und ein geknickter Drábek vor die Presse. „Ich selbst empfinde keine Schuld und ich bin sicher, dass auch die Unschuld des ersten Stellvertreters bewiesen wird“, so der Ressortchef im Blitzlichtgewitter, „allerdings bin ich bereit, das einzuhalten, was ich angekündigt hatte.“ Den Termin hätte er deshalb auf Ende des Monats gesetzt, damit er sein Ressort in einem „konsolidierten Zustand“ übergeben und damit die Parteispitze seinen Nachfolger mit Bedacht wählen könne.
Laut dem Vorsitzenden der TOP-09-Fraktion im Abgeordnetenhaus Petr Gazdík eile die Entscheidung nicht. Denn der Sturz der Regierung könne früher kommen, als die Nominierung von Drábeks Nachfolger. Der innerparteiliche Kampf um die umstrittene Steuerreform und – so spekulieren die Beobachter – um die Führung der Bürgerdemokratischen Partei (ODS), könne bereits Ende Oktober das Aus für das Mitte-Rechts-Kabinett bringen.
Klage beim Kartellamt
Für den Freitag ist der Noch-Minister zum Verhör vorgeladen. Seinem jahrelangen engen Mitarbeiter Šiška wird vorgeworfen, der Firma OKsystem einen Auftrag in Höhe von über hundert Millionen Kronen versprochen zu haben. Im Gegenzug soll er vom Unternehmen gefordert haben, eine Klage beim Kartellamt zurückzuziehen. OKsystem stellte für das Ressort über Jahre Informationssysteme für den Bereich der Sozial- und Arbeitslosenleistungen. In diesem Jahr wurde eine neue Firma beauftragt – ohne öffentliche Ausschreibung. Dagegen beschwerte sich OKsystem bei den Wettbewerbshütern.
Dem Tschechischen Rundfunk teilte Drábek mit, von den Verhandlungen mit der IT-Firma gewusst zu haben. Schließlich, so der Minister, hätte die Situation, in der ein Unternehmen beim Kartellamt gegen das Ministerium klagt und sich gleichzeitig um neue Aufträge bemüht, geklärt werden müssen.
Drábek brachte während seiner Amtszeit eine Reihe von Reformen auf den Weg. So etwa striktere Regelungen für Empfänger von Arbeitslosengeld, Änderungen beim Elterngeld. Die Einführung einer privaten Altersvorsorge in das Rentensystem wurde zunächst durch das Veto des Präsidenten gestoppt. Kritisiert wurde Drábek vor allem wegen eines neuen Systems zur Auszahlung von Sozialleistungen, das erst nach einigen Monaten fehlerfrei funktionierte. Eine neue „Kreditkarte“ zur Auszahlung staatlicher Zuschüsse ist wiederum dem Nationalrat für Menschen mit Behinderungen ein Dorn im Auge. Der erforderliche Weg zum Bankautomaten sei diskriminierend.
„Wie 1938“
„Unterdurchschnittlich regiert“