Schattenseiten des Lebens

Schattenseiten des Lebens

Werkschau des Fotografen Roger Ballen präsentiert verstörende Bilder

18. 2. 2015 - Text: Peter HuchText: Peter Huch; Foto: Roger Ballen/CCF

 

Der New Yorker Roger Ballen verbrachte einen Großteil seines Lebens in Südafrika. Dabei wurde er Zeuge der Apartheid und einer tief gespaltenen Gesellschaft. Für den Fotografen verliefen die Grenzen nicht zwischen Schwarz und Weiß, sondern zwischen Arm und Reich. International großes Aufsehen erregte er mit seiner 1994 erschienenen Bilderserie „Platteland“, die Porträts verarmter Weißer aus der Zeit der politischen Transformation zeigte. Mit der Retrospektive „Shadowland“gibt das Kafka-Haus nun einen Einblick in das Schaffen Ballens. Zu sehen sind 190 Aufnahmen, die in den vergangenen 30 Jahren entstanden, darunter Fotografien aus den bekannten Serien „Dorps“, „Platteland“ und „Asylum of the Birds“, seiner jüngsten Kollektion.

Seit den siebziger Jahren lebte Ballen in Südafrika, wo er als Geologe arbeitete. Viel Zeit verbrachte er an den Stadträndern und in abgelegenen Dörfern, den Zufluchtsstätten der Ausgestoßenen. Da er aufgrund des grellen Sonnenlichts keine Bilder von außen aufnehmen konnte, drang Ballen zunehmend in das Innere der Häuser vor – und damit auch in das Innere der Menschen.

Der heute 65-Jährige taucht tief in eine Welt ein, die sich zwischen abgründiger Verstörung und poetischer Harmonie bewegt. Die bedrückenden Motive seiner Schwarz-Weiß Fotografien sind unverwechselbar. Dazu gehören beispielsweise unverputzte Wände, schmutziges Interieur und Menschen, die nicht in das gängige Schönheitsideal passen. Seine Bilder scheinen oft von mystisch-religiösen Sujets durchzogen. So lungern bekümmerte Männer vor christlichen Kreuzen herum, gebastelt aus verdorrten Ästen. In vielen Gebäuden sind primitive Wandgemälde von San und Schamanen zu sehen.

Obwohl viele Aufnahmen um Menschen kreisen, die Angst und Bestürzung widerspiegeln, wirken sie oftmals anmutig schön. Neben Menschen finden sich viele Tiere in den Bildserien, so zum Beispiel Ratten auf Küchentischen, Schlangen aber auch niedliche Welpen in den Händen verwahrloster, glücklich lächelnder Frauen. Tiere und Menschen scheinen bei Ballen gleichgestellt. Die Titel der Fotos geben nur die Vornamen der Personen wieder – das zeugt davon, wie wenig sie Teil sind von einem Umfeld, in dem die herkömmlichen gesellschaftlichen Konventionen gelten.

Insgesamt befindet sich in den zwei Etagen eine wahre Bilderflut. Der Ausstellungsort passt dabei hervorragend zum Inhalt der Bilder. Denn die Räume wirken unsaniert, der Besucher muss teilweise über die Stützpfeiler hinwegsteigen und kann dabei auch in Räume gelangen, die ins Leere führen. Roger Ballen ist ein eher melancholischer Künstler. Wie er sagte, überwiegt der Schatten den Sonnenschein. Der Schatten seiner „Shadowlands“ steht für ihn für den tiefen Schmerz, den jeder in sich fühlt.

Roger Ballen’s Shadowland 1982–2014. Kafkův dům (nám. Franze Kafky 1, Prag 1), göffnet: täglich 10–20 Uhr. Eintritt: 150 CZK (ermäßigt 80 CZK), bis 16. März

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