Schnapsidee Sperrstunde
Restaurants und Bars im Stadtzentrum sollen vor Mitternacht schließen
6. 2. 2014 - Text: Marcus HundtText: mh/čtk; Foto: Frank van de Velde
Hunderte Anwohner des ersten Stadtbezirks wollen endlich ihre Ruhe haben. Nachts könnten sie kein Auge zutun, wenn grölende Passanten durch die Straßen der Altstadt ziehen. Ihr Zorn richtet sich vor allem gegen jugendliche Touristengruppen, die von einer Bar zur nächsten wandern und dabei keine Rücksicht auf die Nachtruhe nehmen würden.
330 Anwohner haben nun eine Petition unterschrieben und sich damit an die Bezirksverwaltung gewandt. Darin heißt es: „Als größte Probleme sehen wir die überlauten Betriebe an, die bis in die frühen Morgenstunden geöffnet haben, aber auch betrunkene Touristen und das damit verbundene Phänomen der sogenannten Pub Crawls, also Kneipentouren. Wir leben in Prag 1 und wollen hier auch weiterhin wohnen. Allerdings können wir schon seit Jahren nicht ruhig schlafen.“
Die Reaktion auf die Beschwerde ließ nicht lange auf sich warten. Die Klagen wegen nächtlicher Ruhestörung hätten in letzter Zeit deutlich zugenommen, begründete Ivan Solil (ČSSD), Mitglied des Stadtrats, eine Reihe von Vorschlägen, mit denen sich nun der Magistrat beschäftigen muss. Der umstrittenste davon: Sämtliche im Prager Zentrum gelegene Bars und Restaurants sollen 22 Uhr, spätestens aber 24 Uhr, schließen.
„Die Situation in der Altstadt ist unerträglich. Deshalb haben wir einige Maßnahmen geplant. Auf keinen Fall sollen sie aber so weit gehen, dass dadurch Betriebe in ihrer Existenz bedroht sind. Wir wollen lediglich einen Kompromiss zwischen dem Nachtleben und dem Recht der Bürger auf einen ruhigen Schlaf finden“, sagte Solil. Neben der angestrebten Sperrstunde soll „problematischen Einrichtungen“ die Außenbewirtung untersagt werden. Zudem sollen zusätzliche Geräuschsensoren und Kameras für mehr Überwachung in den Gassen der Altstadt sorgen.
Filip Humplík von der Prager ODS findet solche Regelungen „diskriminierend“ und „schikanös“. Seiner Ansicht nach genüge es, wenn die Betriebe, über die sich die Leute wiederholt beschweren, regelmäßig kontrolliert werden. Von der Idee einer Sperrstunde hält Humplík gar nichts: „Die kann man doch nicht flächenmäßig einführen, nur weil ein paar Gewerbetreibende nicht bereit sind, sich an die Richtlinien zu halten“, so der Oppositionspolitiker. Auch gibt er zu bedenken, dass von den etwa 1.500 registrierten Bars und Restaurants im vergangenen Jahr nur 21 von der Gewerbeaufsicht verwarnt wurden. Humplík schlussfolgert: „Der Lärm geht nicht von bestimmten Lokalen aus, sondern von der Straße.“
Selbst Oberbürgermeister Tomáš Hudeček (TOP 09) kritisierte das Vorhaben, noch bevor es im Rathaus auf der Tagesordnung stand. Auf seinem Facebook-Profil schrieb der 34-Jährige zwar, dass er die Anwohner durchaus verstehen könne. „Doch ich denke, auch sie wären dagegen, wenn die Innenstadt wie ausgestorben ist und das Leben um zehn Uhr abends plötzlich verschwindet.“ Schließlich gehöre ein gewisser Rummel zum Zentrum einer Großstadt einfach dazu. Beim Wort Sperrstunde fühle sich Hudeček in sozialistische Zeiten versetzt. Dem Lärm-Problem, so sein Vorschlag, könne man eher damit begegnen, indem man besser darauf achte, dass Bauvorschriften eingehalten werden.
Auf unbestimmte Zeit verschoben
Neue Formen des Unterrichts