Schöner und frömmer geht es kaum
Josef Vojtěch Hellich schuf Altarbilder und Porträts berühmter Personen
22. 6. 2016 - Text: Friedrich GoedekingText: Friedrich Goedeking; Foto: M. Fritzsche
Die Hellichova verbindet auf der Kleinseite den Laurenziberg (Petřín) mit der Insel Kampa. Dort wohnte ab 1867 der Maler Josef Vojtěch Hellich, nach dem die Straße 1952 benannt wurde. Der Künstler widmete sich vor allem religiösen Motiven und der Darstellung historischer Szenen aus der Geschichte Böhmens und Mährens.
Hellich wurde 1807 im ostböhmischen Choltice geboren. Er studierte in München und Prag, wohin er 1840 zurückkehrte, nachdem er eine vierjährige Studienreise durch Italien, Frankreich, England und die Schweiz unternommen hatte. Da er zunächst als bildender Künstler nur wenige Aufträge bekam, wurde er durch die Fürsprache von František Palacký im Tschechischen Museum – dem heutigen Nationalmuseum – mit der Leitung der archäologischen Sammlung beauftragt.
Als Maler schuf er 360 Bilder, davon 290 Altarbilder. Seine Werke schmücken viele katholische Kirchen hierzulande. Unter anderem beteiligte er sich an der Renovierung des gotischen Altars in der Prager Teynkirche und gestaltete den Lukas-Altar. Seine religiösen Bilder zeugen von einem neugotisch-romantischen Malstil und sind von einer mystischen Frömmigkeit geprägt. Diese Richtung ist auch als nazarenische Kunst bekannt geworden, die in Wien und Rom zu Beginn des 19. Jahrhunderts begründet wurde. Sie stand dem Katholizismus nahe und strebte eine Erneuerung des Christentums durch eine religiös geprägte Malerei an.
Hellich war ein Anhänger der nationalen Bewegung in Böhmen, die ab den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts an Bedeutung gewann. In Prag trafen sich die tschechischen Patrioten in den Salons einflussreicher Familien. So lernte Hellich die Dichterin Božena Němcová kennen. Ihre ersten Gedichte, Märchen und Sagen waren bereits erschienen. Viele sahen in ihr die Schriftstellerin der tschechischen Wiedergeburt.
Im Frühjahr 1845 saß Němcová dem damals 38-jährigen Hellich in dessen Atelier auf der Kleinseite Modell. Das Kleid, das sie auf dem Bild trägt, hatte ihr die Gastgeberin eines Salons geliehen und so erscheint die vom Land stammende, unehelich geborene Frau dem Betrachter als Angehörige der Oberschicht.
Hellich, der 1880 in Prag starb, malte weitere Porträts von bedeutenden Persönlichkeiten – darunter Kaiser Ferdinand I., der nach seiner Abdankung 1848 in Prag wohnte, Kardinal Schwarzenberg und der Bischof von Budweis Jan Valerián Jirsík. Bei der tschechischen Oberschicht war Hellich wegen seiner Porträts beliebt, weil die von ihm gemalten Personen stets Schönheit und Würde ausstrahlten.
„Wie 1938“
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