Sieben Tage Ruhe
Wirtschaftsvertreter protestieren gegen eingeschränkte Öffnungszeiten im Einzelhandel
11. 2. 2015 - Text: Corinna Anton
Am siebten Tage sollst du ruhen: Das biblische Gebot steht im atheistischen Tschechien nicht zur Debatte. Der Ausflug ins Einkaufszentrum gehört für viele dazu wie der Sonntagsbraten – oder eben der Sonntagsdienst für die Angestellten im Einzelhandel. Eine Gruppe von Senatoren will jetzt zumindest an sieben Feiertagen pro Jahr die Geschäfte schließen. Was die Gewerkschaften freut, lässt Branchenvertreter protestieren.
Die Wirtschaftskammer und der Handels- und Tourismusverband haben sich in der vergangenen Woche deutlich gegen eine gesetzliche Einschränkung der Ladenöffnungszeiten ausgesprochen. Ein Verkaufsverbot an Feiertagen sei ein nicht gerechtfertigter Eingriff des Staates in die unternehmerische Sphäre, sagte Vladimír Dlouhý, Präsident der Wirtschaftskammer. Eine Regulierung würde seiner Meinung nach dazu führen, dass die Angestellten entweder weniger verdienten oder es zu Entlassungen käme, weil sich die Arbeitszeit verringern würde.
Ähnlich äußerte sich die Präsidentin des Handels- und Tourismusverbands Marta Nováková. Sie wies darauf hin, dass bereits jetzt einige Geschäfte an Feiertagen wie Neujahr oder dem 25. Dezember geschlossen blieben, ohne dass es ihnen jemand vorschreibe. Die Öffnungszeiten würden also schon, so Nováková, durch den Mechanismus der Selbstregulierung eingeschränkt. Außerdem würden den Händlern durch gesetzliche Eingriffe Schäden entstehen, für die sie Ansprüche auf Schadenersatz geltend machen könnten. Der Verbandspräsidentin zufolge gibt es in Tschechien etwa 350 Einkaufszentren: „Die Eigentümer haben in diese Immobilien ziemlich viel Geld investiert. Wenn wir jetzt anfangen, diese Einkaufszentren zu schließen, dann ist die Frage, wie ihre Reaktion mit Blick auf den Investitionsschutz aussieht.“
Der Böhmisch-Mährische Gewerkschaftsverband (ČMKOS) dagegen würde eine Einschränkung der Öffnungszeiten begrüßen. Die Löhne der Angestellten bei den Handelsketten könnten nicht sinken, weil es gar nicht niedriger gehe, erklärte der ČMKOS-Vorsitzende Josef Středula. Auch umfangreiche Entlassungen drohten seiner Meinung nach nicht, wenn die Geschäfte sieben Tage im Jahr geschlossen blieben. Dagegen könne die vorgeschlagene Gesetzesänderung kleineren Betrieben und Anbietern von Dienstleistungen zugute kommen, etwa wenn die Menschen an einem Feiertag, anstatt einkaufen zu gehen, einen Ausflug machen und dabei Geld ausgeben, meint Středula.
Weniger deutlich als die Positionen der Wirtschafts- und Gewerkschaftsvertreter ist die Meinung der tschechischen Bürger zum Thema Öffnungszeiten. Eine im Dezember veröffentlichte Umfrage hatte ergeben, dass 52 Prozent der Tschechen dagegen sind, dass die Geschäfte an Feiertagen geschlossen bleiben. Knapp zwei Drittel der Befragten lehnten es ab, dass der Staat über die Öffnungszeiten bestimmt. Die Erhebung war von der Forschungsgesellschaft Incoma GfK im Auftrag des Handels- und Tourismusverbands und des internationalen Zusammenschlusses von Einkaufszentren ICSC durchgeführt worden.
Der Gesetzesvorschlag stammt aus den Reihen der Sozialdemokraten (ČSSD) im Senat, unterstützt wird er von Christdemokraten (KDU-ČSL) und Kommunisten (KSČM). Er sieht vor, dass Geschäfte mit mehr als 200 Quadratmetern Verkaufsfläche künftig an sieben Feiertagen im Jahr – darunter Ostermontag sowie der 25. und 26. Dezember – geschlossen bleiben sollen. An Heiligabend müssten sie um 12 Uhr schließen. Ausnahmen sollen zum Beispiel für Tankstellen, Apotheken und Bahnhöfe gelten.
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