Smetana ist Ehrensache

Smetana ist Ehrensache

Jan Pikna leitet seit 16 Jahren eines der traditionsreichsten Klassik-Festivals des Landes. „Smetanas Litomyšl“ will er exklusiver machen

4. 6. 2014 - Text: Franziska Neudert

Am 13. Juni eröffnet das internationale Opernfestival „Smetanas Litomyšl“ mit einer Gala tschechischer Komponisten seinen vierwöchigen Konzertreigen. Jan Pikna ist Festivaldirektor und hat die Traditionsveranstaltung im ostböhmischen Litomyšl maßgeblich mitgestaltet. Mit PZ-Redakteurin Franziska Neudert sprach der 54-Jährige über die Festivalgeschichte, Hürden bei der Organisation und Eintrittspreise, die eigentlich höher sein müssten.

„Smetanas Litomyšl“ gilt neben dem „Prager Frühling“ als das älteste Musikfestival Tschechiens. In diesem Jahr findet es bereits zum 56. Mal statt. Wie hat sich das Festival über die Jahre verändert?

Jan Pikna: Das Festival wurde 1949 mit dem Ziel gegründet, Smetana auf dieselbe Weise zu feiern wie  Beethoven in Bonn und Mozart in Salzburg. Es profilierte sich als Opernfestival ausschließlich mit Smetanas Werken. Nach den ersten erfolgreichen Jahrgängen zeigte sich allerdings, dass durch die Wiederholung derselben Opern – häufig in den gleichen Inszenierungen – das Zuschauerinteresse nicht gehalten werden konnte. Die monothema-tische Dramaturgie führte 1965 sogar zur Einstellung des Festivals. Es wurde erst 1974 anlässlich des 150. Geburtstags Smetanas fortgeführt. Diesmal wurden neben Smetanas Musik auch Werke anderer Komponisten, aus politischen Gründen jedoch nur tschechischer und slowakischer, gespielt. Erst in den späten achtziger Jahren öffnete sich das Festival auch für die Musik Mozarts, Verdis und anderer berühmter Komponisten. Vollständige dramaturgische Freiheit erlangte das Festival nach der politischen Wende.

Das Festival dauerte ursprünglich drei Tage, mittlerweile werden über fast vier Wochen hinweg Opern, Oratorien und andere Konzerte aufgeführt. Welchen Schwierigkeiten begegnen Sie bei der Planung eines solch großen Festivals?

Pikna: Es fehlen Gelder. Wir können keine zu hohen Eintrittspreise fordern, sodass nur ein Drittel des Budgets vom Ticketertrag gedeckt wird. Von der öffentlichen Hand erhalten wir 15 Prozent der gesamten Kosten, den Rest müssen wir von Sponsoren erbitten. Das wird allerdings immer schwieriger. Investitionen in die Kultur werden nicht als lohnenswert verstanden.

Wirkt sich das auch auf die Auswahl der Künstler aus?

Pikna: Leider ja. Nur selten können wir uns ausländische Künstler leisten. Ihre Honorare sind für die Tschechische Republik genauso hoch wie für andere europäische Länder, aber die Eintrittspreise sind hier wegen der niedrigen Kaufkraft wesentlich geringer. Deshalb treten bei uns mitunter nur ausländische Solisten und Dirigenten auf, ein gesamtes Ensemble übersteigt bisher unsere Möglichkeiten. Auf der anderen Seite nehmen sämtliche tschechische Spitzeninterpreten bei „Smetanas Litomyšl“ teil – Opernensembles, Solisten, Dirigenten, Orchester und Chöre. Für sie ist die Teilnahme am Festival eine Ehrensache. Sie lehnen das Angebot nie ab.

Welche Konzerte empfehlen Sie den Besuchern in diesem Jahr persönlich?

Pikna: Ich freue mich besonders auf die Aufführung der Auferstehungssinfonie von Gustav Mahler – das fast 120-köpfige Orchester wird in der Akustik des Schlosshofes großartig klingen. Ebenso wie „Die Planeten“ von Gustav Holst. Selbstverständlich freue ich mich auf die neue Inszenierung der Oper „Die Teufelswand“ von Smetana, die im Auftrag des Festivals einstudiert wurde.

Was planen Sie für die Zukunft des Festivals?

Pikna: Wir möchten mehr Inszenierungen bieten, die direkt und ausschließlich für „Smetanas Litomyšl“ geschaffen werden. Die Festivals in Bonn und Salzburg, die uns anfangs als Vorbild dienten, sind uns zu weit voraus. Wir werden sie kaum einholen können. Es besteht aber eine Kooperation mit dem Festival im niederösterreichischen Grafenegg, das uns sowohl durch den ländlichen Veranstaltungsort als auch durch sein Anliegen, den Besucher den ganzen Tag über zu betreuen, nahesteht.

Wie sieht dieses Programm für den ganzen Tag aus?

Pikna: Seit zehn Jahren findet parallel zum Musikfestival das sogenannte „Smetanova výtvarná Litomyšl“ statt, ein Zyklus von etwa zwei Dutzend Ausstellungen der bildenden Kunst. Darüber hinaus kann man zum Beispiel an einem der Festival-Samstage einen altböhmischen Jahrmarkt besuchen, im Klostergarten wird eine Festival-Messe gelesen und wir bereiten Promenadenkonzerte im Schlossgarten vor.

Smetanas Litomyšl, 13. Juni bis 6. Juli, Tickets: 250 bis 1.500 CZK, mehr Informationen unter www.festival.smetana-litomysl.de