Streikbereite Busfahrer
Gewerkschaften fordern mindestens 3,70 Euro pro Stunde
31. 5. 2016 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: Dezidor/CC BY 3.0
Nicht immer schnell, aber meistens sehr günstig kann man in Tschechien mit dem Bus reisen. Vor allem auf dem Land funktioniert der öffentliche Nahverkehr auf der Straße oft besser als auf der Schiene und ist zudem deutlich billiger. Den Preis dafür zahlten jedoch die Busfahrer, beklagen Gewerkschaftsvertreter seit langem. Sie fordern höhere Löhne und drohen nun mit landesweiten Protestaktionen, die in einer unbegrenzten Arbeitsniederlegung gipfeln könnten.
Die Busfahrer im öffentlichen Nahverkehr sind bereits vor einem halben Jahr in Streikbereitschaft getreten. Dem Gewerkschaftsvorsitzenden Luboš Pomajbík zufolge würden sie ihre Forderungen noch immer lieber am Verhandlungstisch durchsetzen. Allerdings habe das in den vergangenen Monaten zu nichts geführt. Es habe Gespräche mit Arbeitgebern, Vertretern der Kreise und der Regierung gegeben, sie alle seien jedoch ohne Ergebnis geblieben. Nun wollen die Busfahrer sich erneut an Abgeordnete aller Parlamentsparteien wenden – und zugleich erste Protestaktionen vorbereiten. Wie die aussehen könnten und wie lange sie dauern würden, wollte der Gewerkschaftschef noch nicht bekanntgeben. Sie würden drei Tage vorher angekündigt, sagte Pomajbík in der vorigen Woche.
Mögliche Streiks könnten zunächst nur einige Kreise betreffen. Pomajbík schloss jedoch nicht aus, dass es zu Arbeitsniederlegungen im ganzen Land kommen könnte. Dann dürften sich auch weitere Berufsgruppen anschließen, die ebenfalls unzufrieden seien – etwa Lastwagenfahrer.
Der Hauptmann von Südmähren und Vorsitzende der Vereinigung der tschechischen Kreise Michal Hašek (ČSSD) erklärte, die Kreise unterstützten die Busfahrer bei ihren Forderungen nach höheren Löhnen. Allerdings hätten sie als Auftraggeber laut Hašek keine Handlungsmöglichkeiten, solange es kein neues Gesetz über öffentliche Aufträge und keine neuen Ausschreibungen gebe.
Die Gewerkschaften kritisieren, dass die Kreise bei den Ausschreibungen der öffentlichen Linien den Betreibern den Zuschlag erteilen, die den niedrigsten Preis bieten. Als Sieger gehen somit meist die Firmen hervor, die mit den geringsten Kosten rechnen – das heißt oft auch mit den niedrigsten Löhnen für die Fahrer. Deshalb schlagen die Gewerkschaften vor, dass die Regierung einen allgemein gültigen Mindestlohn für Busfahrer im öffenltichen Nahverkehr festlegt. Der sollte etwa 100 Kronen pro Stunde betragen (knapp 3,70 Euro). Derzeit verdienen die Fahrer nur 70 bis 80 Kronen (etwa 2,60 bis knapp drei Euro).
Die Proteste begannen im vergangenen Jahr mit dem „Aufruf von Jablonec“. Busfahrer aus dem ganzen Land hatten damals Warnwesten getragen, um auf die niedrigen Löhne in der Branche aufmerksam zu machen. Sie forderten schon damals, dass bei Ausschreibungen für den Betrieb öffenticher Buslinien auch ein Mindestlohn für die Fahrer verankert wird. Den letzten Streik gab es im Jahr 2011. In ganz Tschechien sind etwa 11.000 Busfahrer im öffentlichen Personennahverkehr der Kreise beschäftigt. Wegen der niedrigen Löhne fehlen laut Pomajbík derzeit etwa 6.000 qualifizierte Kräfte.
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