Tadelloses Zeugnis für die Polizei
Innenminister Chovanec lässt Einsatz bei Prager Demonstrationen gegen Flüchtlinge untersuchen – und findet keinen Fehler
24. 2. 2016 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: ČTK/ Kateřina Šulová
Rechtsradikale und Gegendemonstranten geraten aneinander. Es fliegen Pflastersteine, Flaschen und Feuerwerkskörper. Islamgegner versuchen, einen Übertragungswagen des Tschechischen Rundfunks zu stürmen. Später greifen etwa zwei Dutzend Vermummte ein Kulturzentrum an. Sie werfen Brandsätze auf das Gebäude, in dem sich rund 20 Menschen aufhalten, mehrere werden verletzt. Mit anderen Worten: Es kam zu „kleinen Ausschreitungen“, als am ersten Februarwochenende Tausende Menschen in Prag für oder gegen die Aufnahme von Flüchtlingen auf die Straße gingen – so formuliert es zumindest Milan Chovanec (Sozialdemokraten).
Nachdem die Polizei für ihr Vorgehen kritisiert worden war, ließ der Innenminister die Vorfälle untersuchen. Die Ergebnisse präsentierte er am Montag. Die Demonstrationen seien mit bis zu 10.000 Teilnehmern eine der größten in den vergangenen 20 Jahren gewesen, sagte Chovanec. Es habe sich eindeutig gezeigt, dass die 1.000 eingesetzten Beamten dem Staat gute Dienste geleistet hätten. Zwar müsse die Polizei noch lernen, ihre Taktik in solchen Situationen abzustimmen, so der Minister. „Es gibt aber keinen Grund, zu behaupten, dass die Polizei versagt hat.“ Das Ergebnis sei eindeutig: „Wir haben keinen Fehler gefunden.“
In der Thunovská-Straße, wo maskierte Rechtsradikale die Gegendemonstranten angegriffen hatten, haben die Polizisten Chovanec zufolge getan, was sie konnten. Laut Miloš Trojánek, Chef der Prager Polizei, lösten die Sicherheitskräfte die Situation „in vier Minuten und 25 Sekunden“. Von so genauen Angaben unbeeindruckt zeigte sich Justizminister Robert Pelikán (ANO), einer der Kritiker, die der Polizei beim Einsatz gegen die Vermummten Versagen vorgeworfen hatten. „Das Ergebnis der Untersuchung überrascht mich leider nicht“, ließ er am Montag über seinen Sprecher verkünden. Er bleibe dabei, dass die Polizei ihre Aufgabe nicht erfüllt habe, die öffentliche Ordnung zu gewährleisten. Pelikán geht davon aus, dass sich 40 Demonstranten gesetzeswidrig verhalten haben. Die Polizei hat 19 maskierte Angreifer identifiziert und prüft nun, ob sie Straftaten begangen oder gegen das Versammlungsgesetz verstoßen haben.
Im Internet ist unterdessen auch ein Video zu sehen, das darauf hindeutet, dass die Polizei die Ausschreitungen selbst provoziert habe. Laut Chovanec wurde es von prorussischen Aktivisten verbreitet, die darauf abzielten, der Polizei zu schaden. „Wir haben Informationen darüber, wo das Video entstanden ist. Das war nicht in Tschechien und auch nicht in Russland. Die Ermittlungen in diese Richtung laufen“, sagte der Minister.
Der Tschechische Rundfunk forderte erneut, auch den Angriff auf seinen Übertragungswagen zu untersuchen. Die Redakteure werfen der Polizei vor, sie habe nicht auf ihre Bitten um Hilfe reagiert. Laut Chovanec ist es jedoch bisher nicht gelungen, den Beamten zu finden, über dessen Verhalten sich die Journalisten beschwert haben. Der Innenminister rief ihn daher auf, sich selbst zu melden. Der Rundfunk will sich derweil anders helfen. Ein Sprecher kündigte an, künftig würden bei solchen Anlässen eigene Sicherheitskräfte die Übertragungswagen begleiten.
„Wie 1938“
„Unterdurchschnittlich regiert“