Traum und Wirklichkeit

Traum und Wirklichkeit

Die Nationalgalerie zeigt ihre Architektursammlung – und präsentiert mit dem Messepalast sogar ein Original

31. 8. 2016 - Text: Helge HommersText: Helge Hommers; Bilder: Národní galerie v Praze

 

Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es Pläne, in Prag einen umfassenden Fundus tschechoslowakischer Baukunst anzulegen. Jedoch eröffnete die Nationalgalerie ihre Architektursammlung erst 1986. Zum 30-jährigen Jubiläum präsentiert sie unter dem Titel „Sen a skutečnost“ („Traum und Wirklichkeit“) im Messepalast ausgewählte Stücke des insgesamt mehrere tausend Exemplare zählenden Bestands. Zu sehen sind Fotografien und Zeichnungen; außerdem sind Blaupausen und dreidimensionale Modelle ausgestellt, die während der Planungs­phase der Bauwerke angefertigt wurden.

Angefangen mit einer kleinen Auswahl von Skizzen, die noch vor 1900 zu teilweise längst verfallenen Bauwerken oder auch dem Kölner Dom entstanden sind, machen Exponate ab dem Jahr 1960 den Großteil der Sammlung aus. Den roten Faden zu diesem Abschnitt bilden die Entwürfe der tschechoslowakischen Pavillons, die das Land auf den Weltausstellungen repräsentieren sollten. Die chronologische Anordnung veranschaulicht, wie sich die Baustile im Laufe von nur wenigen Dekaden verändert haben.

Karel Řepa: Ausstellungspavillon in Pardubice, 1931

Bei vielen Stücken stellt sich die Frage „Was wäre, wenn …?“. Wie zum Beispiel sähe der Altstädter Ring heute aus, wäre der klobige Anbau zwischen Rathaus und St.-Nikolaus-Kirche verwirklicht worden? Und wie das Verwaltungsgebäude der Baufirma „Metrostav“, wenn einer der sechs ausgestellten Vorschläge – die sich auf den ersten Blick nur in wenigen Details voneinander unterscheiden – der finalen Variante vorgezogen worden wäre?

Das Herzstück der Ausstellung bilden Modelle, die auf hüft­hohen Podesten präsentiert werden. Das ermöglicht es dem Betrachter, um die detailgetreuen Abbildungen herumzugehen und einen Blick von oben in oder auf die außergewöhnlichen Gebäude zu werfen – darunter das „Tanzende Haus“, das Prager Theater „Divadlo Spirála“ – das heute unweit der Galerie auf dem Messe­gelände in Holešovice steht – und die Brünner Villa Tugendhat.

Entwurf von Miroslav Řepa und Alexandr Pýcha für den tschechoslowakischen Pavillon bei der Expo in Montreal, 1966

Das einzige architektonische Exponat, das im originalen Maßstab zu sehen ist, ist der Messe­palast selbst. Vom fünften Stockwerk aus, in dem die Ausstellung untergebracht ist, kann der Besucher ihn bestaunen. Für das – nach all den Ausstellungsstücken – inzwischen angestrengte Auge ein willkommener Ausklang.

Sen a skutečnost. Messepalast (Veletržní palác, Dukelských hrdinů 47, Prag 7), geöffnet: täglich außer montags 10–18 Uhr, Eintritt: 300 CZK (ermäßigt 150 CZK), bis 25. September, www.ngprague.cz