„Trump weiß, wo Tschechien liegt“
Tschechische Politiker glauben weiterhin an gutes Verhältnis zu den USA
10. 11. 2016 - Text: Ivan Dramlitsch, Titelbild: Gage Skidmore, CC BY-SA 2.0
Sowohl die Trump-Befürworter als auch die Trump-Kritiker unter den tschechischen Politikern sind überzeugt, dass der Wechsel an der Spitze der Vereinigten Staaten keinen Einfluss auf die Bündnisbeziehungen zwischen beiden Ländern haben wird. Große Freude über Trumps Wahlsieg äußerte Tschechiens Präsident Miloš Zeman. Er stimme mit dessen Position beispielsweise hinsichtlich der Migration und der Bekämpfung des islamistischen Terrors überein. Auch seine Sprache sei „klar, manchmal derb, aber verständlich.“ Zeman lud Trump zu einem Staatsbesuch nach Tschechien ein.
Premierminister Bohuslav Sobotka (Sozialdemokraten) ist überzeugt, dass die USA unter Trumps Führung weiterhin ein verlässlicher Partner und Verbündeter sein werden. Auf den Wechsel in den USA reagierte die tschechische Regierung mit Respekt gegenüber den Wählern, die einen Wechsel gewollt hätten. „Trump weiß im Unterschied zu einigen seiner Vorgänger wenigstens, wo Tschechien liegt“, so Sobotka. Trumps schwierigste Aufgabe sei es nun, die gespaltene amerikanische Gesellschaft wieder zu einen, betonte der Regierungschef.
Vizepremier und Finanzminister Andrej Babiš sagte, dass Trumps Wahlkampfrhetorik manchmal „etwas wahnsinnig“ gewesen sei, aber Wahlkampfauftritte seien etwas anderes als im Weißen Haus zu residieren. Babiš verglich sich dabei mit Trump – auch er sei Unternehmer und politisch unkorrekt. Der Chef der Christdemokraten (KDU-ČSL) Pavel Bělobrádek betonte, die Wahlen hätten gezeigt, dass die Menschen eine Veränderung wollten. Dies könne „eine Warnung oder eine Inspiration“ sein. Die tschechischen Kommunisten zeigten sich von Trumps Wahlsieg nicht überrascht. Hillary Clinton sei ihrer Meinung nach „schwach“ gewesen und habe traditionelle linke Wähler verloren.
Ex-Außenminister Karel Schwarzenberg (TOP 09) erwartet nach Trumps Wahl zum Präsidenten ein „politisches Erdbeben“ in der Welt. Trump habe im Wahlkampf zwar übertrieben, aber teilweise waren dies auch seine Überzeugungen. ODS-Chef Petr Fiala forderte die Politiker hierzulande auf, sich auf eine gemeinsame Außenpolitik zu verständigen. Einigen tschechischen Europaabgeordneten zufolge müsse Europa nun eine größere Verantwortung übernehmen.
Wirtschaftsexperten und Finanzanalysten äußerten sich in Bezug auf die US-Präsidentschaftswahl zurückhaltend. „Der Sieg Donald Trumps ist ein Aufstand der armen Amerikaner gegen die weißen Eliten, die bildlich gesprochen ,fraßen und dabei noch schmatzten‘, und das auch im ideologischen Sinne. Im Unterschied zu anderen Politikern bin ich aber nicht der Meinung, dass Trump eine Lösung ist“, so der Präsident der Tschechischen Wirtschaftskammer Vladimír Dlouhý.
„Wie 1938“
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