Tschechien fährt zur WM
Handballer schaffen gegen Serbien das „Wunder von Brünn“
18. 6. 2014 - Text: Marcus HundtText: mh/čtk; Foto: IHF World Handball Championship
Die Mannschaft um den früheren Welthandballer Filip Jícha hat für eine Sensation gesorgt und nimmt im kommenden Jahr wider Erwarten an der Weltmeisterschaft in Katar teil. Mit 33:21 deklassierten die Tschechen am Samstag das Team aus Serbien und machten damit den Acht-Tore-Rückstand aus dem Hinspiel wett. Das zuvor in den Medien beschworene „Wunder von Brünn“ beruhe auf eiserner Disziplin und dem perfekten Umsetzen der taktischen Vorgaben, sagte Co-Trainer Jaroslav Hudeček kurz nach dem Abpfiff. Für ihn und seinen Kollegen Vladimír Haber ist das Erreichen der WM-Endrunde ein gelungener Abschied von der Nationalmannschaft. Das Trainergespann hatte bereits vor den Playoff-Spielen seinen Rücktritt erklärt.
Abgelöst werden sie von zwei Handballern, die bis vor kurzem noch auf dem Spielfeld standen: Neben Jan Filip, neun Jahre in der deutschen Bundesliga aktiv und zuletzt Spielertrainer des Schweizer Erstligisten St. Gallen, wird auch Daniel Kubeš auf der Trainerbank Platz nehmen. In Brünn lief der Abwehrspezialist, der in seiner Karriere für fünf Bundesligavereine spielte, zum letzten Mal für sein Heimatland auf. „Einen besseren Abschied hätte ich mir nicht wünschen können“, sagte Kubeš und fügte mit einem Augenzwinkern hinzu, dass er mit dem „Wunder“ fest gerechnet habe: „Schließlich haben wir in Brünn noch nie verloren. Weder gegen Deutschland noch gegen Frankreich.“
Ungewohnte Stille
Im Gegensatz zum Hinspiel zeigte die tschechische Mannschaft nicht nur in der Abwehr eine laut Kubeš „fantastische Leistung“, sondern auch im Angriff. Nach der ersten Halbzeit hatten die Tschechen bereits 18 Tore und damit dreimal mehr als zur selben Zeit im Hinspiel erzielt. Während sich die serbischen Spieler nach dem Pausenpfiff gegenseitig anschrien und Vorwürfe machten, sei es in der Kabine der Tschechen vollkommen still gewesen. „Eine ruhigere Pause hat es in den zehn Jahren, in denen ich dabei bin, noch nie gegeben. Es fiel kein einziges Wort. Jeder von uns wusste, wie nah wir an der Sensation dran sind“, so Kubeš.
Den bis zur Pause erzielten Vorsprung von zehn Treffern konnte Tschechien bis zum Schluss verteidigen und sogar um zwei weitere Treffer ausbauen. Anders als im Hinspiel stand der von einer Fußverletzung gehandicapte Filip Jícha die meiste Zeit über auf dem Platz und trieb seine Mitspieler vor den knapp 2.700 Zuschauern in Brünn unentwegt an. Miroslav Jurka und Jiří Motl erzielten gemeinsam 18 Treffer. „Wenn es einem gelingt, zwei bis drei Tore zu werfen, dann fängt man Feuer“, sagte Motl, für den sich die Serben nach dem deutlichen Hinspiel-Ergebnis zu siegessicher fühlten. Beim EM-Zweiten von 2012 lief nach dem souveränen 23:15-Heimerfolg tatsächlich nicht viel zusammen: Ungenaue Zuspiele und zu passiv geführte Zweikämpfe bestimmten sein Spiel.
Deutschland am Boden
Nach der Begegnung hatte Mannschaftskapitän Jícha gleich doppelten Grund zur Freude. Zum siebten Mal in Folge wurde der 32-jährige Rückraumspieler vom THW Kiel zu „Tschechiens Handballer des Jahres“ gewählt – vor Petr Štochl und Pavel Horák, die bei den Füchsen Berlin unter Vertrag stehen. In ihrer sportlichen Heimat liegt der Handball, aus nationaler Sicht, indes am Boden. In Magdeburg verpassten die Deutschen mit einer Niederlage gegen Polen zum dritten Mal nach Olympia 2012 und der EM 2014 ein Großereignis. „Man kann noch gar nicht absehen, was wir da angerichtet haben“, sagte Nationalspieler Patrick Groetzki.
Neben Polen und Tschechien haben sich am Wochenende auch die Nationalmannschaften aus Österreich, Russland, Slowenien, Schweden, Mazedonien, Weißrussland und Bosnien-Herzegowina für die Weltmeisterschaft 2015 in Katar qualifiziert. Spanien, Dänemark, Frankreich und Kroatien hatten das WM-Ticket bereits zuvor gelöst.
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