Überflüssiger Schatten
Beneš-Dekrete bleiben Thema beim Sudetendeutschen Pfingsttreffen in Augsburg
11. 6. 2014 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: SL
Sie will „Brücken bauen“, die „Zukunft gestalten“ und ihre Veranstaltung zu einem „Forum des Dialogs“ machen. So präsentierte sich die Sudetendeutsche Landsmannschaft (SL) auf ihrem Pfingsttreffen in Augsburg. Am Ende war es trotz aller guter Absichten vor allem wieder ein Thema, mit dem die Hauptredner aufmerksam machten: die Forderung nach der Abschaffung der Beneš-Dekrete. Bernd Posselt (CSU), Sprecher und oberster Repräsentant der Sudetendeutschen Volksgruppe, bezeichnete die Dekrete als „überflüssigen Schatten“ auf die gute Zusammenarbeit beider Länder und als „schreckliche Last“, von der sich Tschechien befreien sollte.
Kurz nachdem Posselt vom Rednerpult aus gefordert hatte, „in unser aller Interesse müssen die Dekrete auf dem Müllhaufen der Geschichte landen“, teilte der tschechische Premierminister Bohuslav Sobotka (ČSSD) mit, dass es dafür keinen Grund gebe. Schließlich sei das Verhältnis zur Vergangenheit bereits „gemeinsam und offen“ in der Deutsch-Tschechischen Erklärung 1997 definiert worden. „Ich wüsste nicht, warum die Vergangenheit unsere derzeitigen hervorragenden Beziehungen sowohl zu Deutschland als auch zu Bayern erschweren sollte“, sagte Sobotka.
Karlspreis für Horáček
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) warb bei seinem Auftritt in Augsburg für Versöhnung, forderte aber auch, die Dinge beim Namen zu nennen. „Vertreibung war Unrecht, ist Unrecht und bleibt Unrecht. An dieses Schicksal wollen wir mit einem bayerischen Gedenktag für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation erinnern“, so Seehofer. Der Gedenktag soll am 14. September zum ersten Mal begangen werden. Beim Sudetendeutschen Tag würde Seehofer künftig gerne mehr tschechische Gäste begrüßen. Er wolle sich dafür einsetzen, dass in den kommenden Jahren auch Vertreter der tschechischen Regierung kommen, so der Ministerpräsident. Am diesjährigen Treffen hatten zwar keine Mitglieder der Regierung teilgenommen. Dennoch waren einige tschechische Politiker vertreten, wie etwa der Vorsitzende der Grünen Ondřej Liška, die stellvertretende Vorsitzende der KDU-ČSL Klára Liptáková oder der Abgeordnete Daniel Korte von der Partei TOP 09.
Die Vorstellung, hochrangige politische Gäste aus dem Nachbarland zu der traditionellen Veranstaltung einzuladen, gefiel auch dem deutschen Grünen-Politiker tschechischer Abstammung Milan Horáček, dem die Sudetendeutsche Landsmannschaft ihren diesjährigen „Europäischen Karlspreis“ verlieh. Horáček wurde damit für seinen Einsatz für die Menschenrechte geehrt. In Anklang an Seehofer sagt er in seiner Dankesrede: „Es wäre normal, wenn hier ein tschechischer Minister spräche. Und noch besser wäre es, wenn ein Sudetendeutsches Treffen in Eger (Cheb), Aussig (Ústí nad Labem) oder Reichenberg (Liberec) stattfinden würde.“
Was vom Publikum in Augsburg mit Beifall bedacht wurde, stieß auf der anderen Seite der Grenze auf zurückhaltende Reaktionen. Der Bürgermeister von Cheb Pavel Vanoušek (ČSSD) etwa sagte, dass dies zwar generell möglich sei, es jedoch auf die Art der Veranstaltung ankäme. „Wenn sie einen freundschaftlichen Charakter hätte, dann vielleicht ja. Aber ich bin mir nicht sicher, ob die Leute auf so etwas schon vorbereitet sind.“ Vanoušek verwies auf die „in jahrelanger Arbeit“ aufgebauten guten Beziehungen seiner Stadt zu den deutschen Nachbarn und warnte davor, dass sie mit solch einer „unüberlegten Geste“ zunichte gemacht werden könnten.
„Wie 1938“
„Unterdurchschnittlich regiert“