Umstrittener Alleingang
Kurz vor ihrem Rücktritt beruft Kulturministerin Hanáková den neuen Leiter der Nationalgalerie
17. 7. 2013 - Text: Marcus HundtText: mh/čtk; Foto: MKČR
Um die Ernennung des neuen Direktors der Nationalgalerie Prag ist erneut ein Streit entbrannt. In einer ihrer letzten Amtshandlungen als Kulturministerin übertrug Alena Hanáková (STAN) am 4. Juli dem Kunsthistoriker Jiří Fajt die Leitung der Institution – ohne ein vorhergehendes Auswahlverfahren. Hanákovás Nachfolger Jiří Balvin reagierte empört und bezeichnete die Entscheidung im Hinblick auf die politische Situation als „unangebracht“. Wenn feststehe, dass die eigene Regierung nur noch wenige Tage kommissarisch im Amt sei, sollten solche Beschlüsse unterbleiben, so Balvín. Er kündigte an, den Vorgang in den nächsten Tagen zu überprüfen, gleichwohl er von Fajts fachlichen Qualitäten überzeugt sei.
Umstritten ist auch der tags zuvor von Hanáková getroffene Entschluss – ursprünglich hatte sie ihren Rücktritt für Ende Juni angekündigt – den Abriss eines im Denkmalschutzgebiet befindlichen Gebäudes am Wenzelsplatz zu erlauben. Denkmalschützer protestieren seit gut zwei Jahren gegen den vom Eigentümer gewünschten Abriss, da sie darin einen Präzedenzfall für die denkmalgeschützte Innenstadt sehen.
Rücktritt aus Protest
Hanáková weicht den ihr gemachten Vorwürfen aus. „Herr Fajt hat nachgewiesen, dass er die Voraussetzungen für die Leitung einer so bedeutenden Kultureinrichtung erfüllt“, so die Kulturministerin außer Dienst. Sie traut dem 53 Jahre alten Kunsthistoriker zu, die Nationalgalerie „aktiv und sichtbar in das Geschehen auf der europäischen Museumsbühne einzubinden“ und dafür zu sorgen, dass sie bald wieder internationales Ansehen genießt. Fajt war in den vergangenen Jahren an den Universitäten in Leipzig und Berlin beschäftigt und hatte sich vor seiner Zeit in Deutschland schon einmal für die Leitung der Nationalgalerie beworben, worauf sich auch Hanákovás aktuelle Entscheidung stützt. Obwohl die Auswahlkommission ihn im April 2010 für diesen Posten empfahl, wollte Václav Riedlbauch, der damalige Kulturminister in der Übergangsregierung von Jan Fischer, die definitive Entscheidung seinem Nachfolger überlassen. Der neue Minister Jiří Besser (TOP 09) ließ die Stelle im Jahr 2011 jedoch erneut ausschreiben und berief letztendlich Vladimír Rösel zum Direktor der Nationalgalerie. Dieser wurde im April dieses Jahres entlassen, da die Institution unter seiner Führung immer mehr Verluste machte.
Ob Jiří Fajt, der in den Jahren 1993 bis 2000 in der Nationalgalerie unter anderem für die Sammlung Alter Kunst verantwortlich war, wie geplant am 1. September seinen neuen Posten antreten kann, bleibt offen. Denn nicht nur Kulturminister Balvín will sich dem Fall annehmen, auch zahlreiche Fachleute sprechen sich gegen die Ernennung aus. Die Direktorin der Stadtgalerie Prag (Galerie hlavního města Prahy) Magdalena Juříková gab sogar ihren Rückzug aus dem Gremium des Kulturministeriums bekannt. Die Gremiumsmitglieder hatten an die damalige Kulturministerin Hanáková appelliert, sie solle in der gegenwärtigen Situation keine Entscheidung treffen. „Dass sie es trotzdem getan hat, ist absurd“, reagierte Juříková auf den Alleingang der Ministerin.
Auf unbestimmte Zeit verschoben
Neue Formen des Unterrichts