Unfug und Wortzauber
In Michael Stavaričs Kinderbuch „Gloria nach Adam Riese“ schlummert eine Wunderwelt
19. 12. 2012 - Text: Franziska NeudertText: fn; Foto: Luftschacht
Wenn Kinder in der Badewanne sitzen, dann wird aus der Wanne schnell ein Ozeandampfer. Aus dem Badewasser entspringt das große, weite Meer und der Badeschaum wächst zur Gischt auf hoher See. Noch viel fantastischer geht es bei Gloria und ihrem kleinen Bruder Adam zu. Kaum ist die Mutter aus dem Badezimmer verschwunden, tauchen aus den Fluten des „Schaumuniversums“ allerhand wundersame Gebilde auf. Gloria zählt, reimt und wünscht Dinge herbei, deren Namen Adam noch nicht einmal gehört hat. Da können „Chinchillas auf Champagnerkorken“ schon mal auf „eine Sippe Mischgeschicke“ treffen und „fünfundzwanzig Tropfsteinmöhren“ verputzen. Währenddessen lauern „Hasenhintern hinter Hecken, um doch Herkules zu erschrecken“.
Unbeschwert, beinahe übermütig entspinnt Michael Stavarič auf 32 Seiten ein wortakrobatisches Stück, das nicht nur viel Verwunderung verursacht, sondern vor allem Lust an der eigenen Worttüftelei weckt. Frei nach dem Motto „Simsalabim, so schlimm ich spinn“ tümmeln sich hier die sagenhaftesten Sprachschöpfungen. Begleitet wird der Schabernack von den ausufernden Illustrationen der Co-Autorin Dorothee Schwab, die Collagen mit Zeichnungen und Aquarellen zu einem kleinen Bilderrausch verbindet.
Überbordende Fabulierkunst
Für „Zahlenjongleure und Wortspielerinnnen ab vier Jahre“ ist das Buch vom Verlag angedacht. Im Alter von drei bis fünf Jahren erleben Kinder angeblich eine sogenannte magische Phase. Das entspricht jenem Alter, in dem sich die Vorstellungskraft der Kleinen verselbständigt und sie am stärksten fantasieren. Überbordende Fabulierkunst trifft den Kern des Buches, die kindliche Gedankenwelt dürfte mitunter jedoch ein wenig überstrapaziert werden – welches Kind in diesem Alter versteht Reime wie „Irokesen infiltrieren, Iltisjunge inspizieren“ oder weiß mit Kykladen, Pipetten und Glutamat etwas anzufangen?
Vielleicht ist das Buch weniger für kleine Kinder denn für Erwachsene geeignet, die selbst nie aufgehört haben Kind zu sein und niemals den Blick für jene Wunderwelt hinter der Normalität verlieren. Oder für Eltern und ihre Sprösslinge, auf dass sie sich gegenseitig das Dichten lehren.
Michael Stavarič, Dorothee Schwab: Gloria nach Adam Riese, Luftschacht Verlag, Wien 2012, 32 Seiten, 19,40 Euro, ISBN 978-3-902844-15-6
„Markus von Liberec“
Geheimes oder Geheimnistuerei?