Vier Jahre im Verzug
Das Nationalmuseum sollte 2016 wiedereröffnet werden. Die Sanierungsarbeiten haben jedoch bis heute nicht begonnen
26. 2. 2015 - Text: Marcus HundtText: mh/čtk; Foto: Arne Witte
Das Schild am Hauptgebäude des Nationalmuseums erweckt einen falschen Eindruck. „Während der Renovierungsarbeiten besuchen Sie doch einfach die anderen Gebäude des Nationalmuseums“, steht dort geschrieben. Das Problem dabei: Die Renovierungsarbeiten haben noch gar nicht begonnen – obwohl der imposante Neorenaissance-Bau schon seit Sommer 2011 geschlossen ist.
Wie konnte es dazu kommen? Mehrere Rechtsstreitigkeiten, vermeintliche Ausschreibungsfehler und fehlende Baugenehmigungen brachten den Zeitplan für eines der Prestigeprojekte des tschechischen Kulturministeriums immer wieder durcheinander. Und bis heute hat der Gewinner der mittlerweile zweiten Ausschreibung vom Kartellamt (ÚOHS) keine Freigabe für die Bauarbeiten bekommen.
Schätzungen zufolge soll die knapp 1,4 Milliarden Kronen (50 Millionen Euro) teure Sanierung insgesamt dreieinhalb Jahre dauern. Falls die Arbeiten bereits im März beginnen würden, könnte das Museum im Herbst 2018 den Besuchern offenstehen. Doch danach sieht es nicht aus. Der aktuelle Plan, wonach das Hauptgebäude spätestens 2018, also pünktlich zum 200-jährigen Bestehen des Nationalmuseums, wiedereröffnet werden soll, lässt sich kaum noch umsetzen.
Derzeit prüft das Kartellamt die Klage des österreichischen Bauunternehmens Strabag. Im Sommer 2014 hatte es den Zuschlag für das Vorhaben bekommen, wurde jedoch nachträglich vom Auswahlverfahren ausgeschlossen. Angeblich hatte die „Vereinigung Wenzelsplatz 68“ („Sdružení Václavské náměstí 68“), bei der Strabag als verantwortlicher Bauunternehmer auftrat, die Kriterien für die Festlegung der angebotenen Preise missachtet. Der Auftrag wurde daraufhin erneut ausgeschrieben, das Konsortium M-P-I (Metrostav, Průmstav und IMOS Brno) zum Sieger erklärt.
Dass sich die Wettbewerbsbehörde erst seit wenigen Tagen mit der Klage von Strabag beschäftigen kann, liegt an zwei anderen Mitbewerbern: Die Bauunternehmen Hochtief und Geosan hatten das siegreiche Konsortium M-P-I bezichtigt, bei der zweiten Ausschreibung falsche Referenzen angegeben zu haben. Wenige Tage vor der Entscheidung des ÚOHS zogen Hochtief und Geosan ihre Klage allerdings zurück – ohne Angabe von Gründen. „Dieses Verwaltungsverfahren hat sich einige Monate hingezogen und im Prinzip war alles vorbereitet, um in dieser Sache eine Entscheidung zu treffen. Stattdessen wurden öffentliche Gelder in nicht unerheblichem Umfang verschwendet, Arbeitskräfte vergeudet und die Auftragsvergabe erneut verzögert“, ärgert sich der Vorsitzende des Kartellamts Petr Rafaj.
Nachdem die eine Klage vom Tisch ist, setzen sich die Mitarbeiter des ÚOHS nun mit der Beschwerde von Strabag auseinander. Rafaj zufolge soll schon bald ein Ergebnis vorliegen. „Die Entscheidung wird in den nächsten Tagen bekanntgegeben“, zeigte sich der ÚOHS-Leiter am vergangenen Freitag zuversichtlich. Falls dem so sein sollte und keine weitere Klage eingereicht wird, könnte die 200-Jahr-Feier vielleicht doch noch in einem frisch renovierten Nationalmuseum stattfinden.
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