Vorbildliche Teilhabe
Der zehnte Prager Bezirk lässt seine Bürger den öffentlichen Raum mitgestalten
28. 1. 2016 - Text: Stefan Welzel
„Moje stopa“ („Mein Fußabdruck“) heißt das Projekt, das im Südosten der Hauptstadt für Aufsehen und ein wenig direkte Demokratie sorgt. Im vergangenen Sommer beschloss die Regierung von Prag 10, die Bürger zur lokalpolitischen Teilhabe aufzurufen. Mittels Projekteingaben konnten die Bewohner ihre Vorschläge zur Gestaltung des öffentlichen Raumes in ihren Stadtteilen einbringen. Bis Mitte November 2015 wurde dieses Angebot rege in Anspruch genommen. Mitte Januar veröffentlichte der Bezirk nun die insgesamt 50 zur Wahl stehenden Anträge. Bis zum 12. Februar können abermals die Bürger per Internet-Abstimmung selber entscheiden, welche Projekte umgesetzt werden.
Das Konzept ist nicht neu. Ein prominentes Vorbild für „Moje stopa“ stammt aus Brasilien, wo die Bürger von Porto Alegre in den achtziger Jahren ihr eigenes Rathaus projektieren durften. Die Idee schwappte seither auch auf zahlreiche Gemeinden in Europa über. Ähnliche Projekte fanden unter anderem in England, der Slowakei, Polen sowie in den tschechischen Städten Ostrava, Jičín, Litoměřice oder Mariánské Lázně Anklang.
Für das Partizipationsprojekt im zehnten Prager Stadtteil stellt die Verwaltung insgesamt fünf Millionen Kronen (ca. 185.000 Euro) zur Verfügung. Die einzelnen Vorschläge durften nicht teurer als eine Million Kronen sein, mussten aber mindestens ein Budget von 50.000 Kronen haben.
Bei der Wahl Anfang Februar hat jeder Bürger sechs Stimmen, die er auf seine favorisierten Projekte verteilen kann. Die Anträge reichen von Outdoor-Fitnessanlagen über Tischtennisplatten und Schachtische in Parks bis zur Aufwertung der U-Bahn-Station „Strašnická“. Ob sich die Aktion nächstes Jahr wiederholen wird, soll nach dem Ablauf des aktuellen Pilotprojekts entschieden werden.
Stadtführer in Not
Glückwunsch, Prag 4!