Weniger Betrüger und mehr Investoren
Finanzminister sprechen in Prag über Steuerflucht und Wirtschaftswachstum
8. 10. 2014 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: C. Anton
„Kriminelle sollten wissen, dass wir hier sind, und dass wir besprochen haben, wie wir vorgehen werden.“ Ob diese Warnung des slowakischen Finanzministers Peter Kažimír (SMER) Steuerbetrüger in ganz Europa erzittern lässt, ist fraglich. Denn wie genau sie ihre Zusammenarbeit vertiefen wollen, ließen Kažimír und seine Amtskollegen aus Deutschland, Tschechien, Polen, Ungarn und Österreich weitgehend offen, als sie am Donnerstag vergangener Woche in Prag vor die Presse traten. Zu dem Treffen war es auf Initiative der Minister aus Deutschland und Tschechien gekommen: Nachdem Andrej Babiš (ANO) kürzlich in Berlin zu Gast gewesen war, baten sie zu Wolfgang Schäubles (CDU) Gegenbesuch in Prag auch ihre Kollegen aus den Nachbarländern hinzu.
Um Steuerflüchtlingen besser auf die Spur zu kommen, denke man zum Beispiel darüber nach, künftig Informationen über „unzuverlässige Mehrwertsteuerzahler“ auszutauschen, so die Minister. Außerdem halten sie Diskussionen zwischen den EU-Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission über eine gemeinsame Lösung der Probleme für nötig.
Wichtige Zusammensetzung
Babiš hatte bereits früher erklärt, er wolle sich für eine flächendeckende Lösung in der gesamten EU einsetzen und das Reverse-Charge-Verfahren einführen. Bei dieser Umkehrung der Steuerschuldnerschaft müsste nicht mehr der leistende Unternehmer, sondern der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer entrichten. Befürworter dieser Änderung erhoffen sich davon einfachere Steuerverfahren für die Finanzbehörden und weniger Steuerbetrug. Die Europäische Kommission lehnt den Vorschlag des tschechischen Finanzministers jedoch ab. Wolfgang Schäuble sagte dazu in Prag, es sei nicht möglich, eine solche Maßnahme in der gesamten EU schnell einzuführen. Sein ungarischer Amtskollege Mihály Varga (Fidesz) befürwortete den tschechischen Vorschlag: Das Verfahren sei „ein gutes Instrument gegen Betrug“, sein Land unterstütze die Bestrebungen Tschechiens in diesem Bereich.
Die Minister tauschten sich außerdem darüber aus, wie sie das Wirtschaftswachstum in ihren Ländern fördern und mehr private Investoren anlocken können. Babiš berichtete dazu, er habe vor wenigen Tagen Ústí nad Labem besucht und sei schockiert über den Zustand der Stadt gewesen. „Wie ist es möglich, dass es in Ústí keine deutschen Investoren gibt“, fragte er und gab die Erklärung selbst: Die Infrastruktur müsse verbessert und bürokratische Hindernisse abgebaut werden, um Investoren zu gewinnen.
Das Treffen mit seinen Ministerkollegen wertete Babiš als Erfolg. Er sei froh, dass die Gespräche in der „für die Tschechische Republik besonders wichtigen Zusammensetzung“ nicht nur die Zusammenarbeit der Steuerverwaltungen stärken würden, sondern auch die Verhandlungsposition der Länder auf europäischer Ebene. Er sprach von einem Wendepunkt, da Tschechien in der EU nun selbst Initiative zeige.
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