Wie bei Eleanor Rigby
Neu im Kino: Ned Benson erzählt ein außergewöhnliches Beziehungsdrama
27. 11. 2014 - Text: Peter HuchText: Peter Huch; Foto: TWC
Das Lied „Eleanor Rigby“ von den Beatles ist vermutlich eines der traurigsten der Pop-Geschichte. Es handelt von einer jungen Frau, die so einsam ist, dass sie jenen Reis aufsammelt, der bei Hochzeiten geworfen wurde, um sich mit ihm in Träume eigener Glückseligkeit zu versteigen. Der New Yorker Regisseur Ned Benson nutzte ihren berühmt gewordenen Namen für seinen ersten Langzeitspielfilm und knüpfte dabei an die Figur der tragischen Heldin aus dem Beatles-Song an.
„The Disappearance of Eleanor Rigby: Him/Her“ erzählt die Geschichte des Liebespaares Eleanor (Jessica Chastain) und Conor (James McAvoy). Die Anfangszeit ihrer Beziehung ist großartig – auch sie erleben die Irrungen und Wirrungen des berühmten „verflixten siebten Jahres“. Benson konzentriert sich zunächst auf den Beginn der Liebschaft, läuft dabei aber nie Gefahr, sich in seichten Romantik-Gewässern zu verirren. Danach folgt der plötzliche Bruch und das schockierende Ende der Beziehung. Eleanor versucht ihrem Leben durch einen Sprung von der Brücke ein Ende zu setzen. Allerdings bleibt es beim Selbstmordversuch. Von ihrer großen Liebe will sie danach nichts mehr wissen.
Das alles funktioniert bis dahin als gewöhnliches und routiniert abgedrehtes Drama. Doch dann folgt Bensons cineastischer Clou. Der 37-jährige Regisseur zieht alle Register der Erzählkunst und greift zu einem unkonventionellen Konzept. Er machte aus seiner Story gleich zwei Filme. Der Erste mit dem Appendix „Him“ erzählt die Geschichte aus der Perspektive des Verlassenen Conor, der die Welt nach dem Verschwinden Eleanors nicht mehr versteht. Er hat das Ende der Beziehung nicht kommen sehen und zerbricht sich den Kopf, was er falsch gemacht haben könnte.
Der zweite Streifen „Her“ hingegen legt die Perspektive auf Eleanor. Dem Zuschauer eröffnet sich somit Stück für Stück die ganze Wahrheit hinter dem komplizierten Liebesgeflecht. Durch die unterschiedlichen Wahrnehmungen erkennt man die entscheidenden Details, die das Geschehen in einen gänzlich neuen Kontext stellen und erklärbar machen.
Da die Produzenten Schwierigkeiten sahen, mit der ungewöhnlichen Idee genügend Zuschauer in die Kinos zu locken, entschied man, auch noch einen dritten Film mit dem Schlusstitel „Them“ zu schneiden. Dieser komprimiert das Liebesfiasko aus der Außenperspektive des Zuschauers im Off. Doch es empfiehlt sich, die Versionen beider Geschlechter zu sehen, denn das macht das Projekt Bensons ja erst so einzigartig.
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