„Wir müssen zusammenhalten“
Alexej Ružejnikov über das Verhältnis von Tschechen, Russen und Ukrainern in Karlovy Vary
21. 5. 2014 - Interview: Corinna Anton
Alexej Ružejnikov ist Mitglied des Ausschusses für nationale Minderheiten im Kreis Karlovy Vary und Vorsitzender der Hilfsorganisation für Migranten „Integra“. Er lebt seit 15 Jahren in der westböhmischen Kurstadt und bezeichnet sich selbst als Ansprechpartner für alle Staatsangehörigen der ehemaligen Sowjetrepubliken.
Was sagen Sie, wenn sich die Tschechen beklagen, dass Karlovy Vary schon fast eine russische Stadt ist?
Alexej Ružejnikov: Was die Touristen angeht, so stimmt es, dass sehr viele aus Russland hierher kommen. Aber was uns „Einheimische“ betrifft, die wir hier leben, kann man nicht behaupten, dass es zu viele Russen hier gäbe. Derzeit gibt es 1.680 russische Einwohner, die offiziell in Karlovy Vary gemeldet sind. Das heißt aber nicht, dass sie alle tatsächlich hier leben. Das sind vielleicht nur 800.
Nicht gerade viele für eine Stadt mit 50.000 Einwohnern. Dennoch könnte man im Zentrum bisweilen den Eindruck gewinnen, man sei in einem russischsprachigen Land. Manche Geschäfte werben sogar ausschließlich in kyrillischer Schrift für ihre Produkte – und verärgern damit die Tschechen…
Ružejnikov: Bisher gab es kein Gesetz, das geregelt hat, dass es immer auch tschechische Aufschriften geben muss. Die größte Kaufkraft haben nun einmal die russischen Kunden, deswegen haben sich die Betreiber vieler Geschäfte und Gaststätten angepasst. Aber jetzt soll ja eine neue Regelung kommen, damit es auch immer tschechische Aufschriften gibt. Ich denke, es ist gut, dass das geregelt wird.
Wie würden Sie die Beziehungen zwischen den tschechischen Einheimischen und den Angehörigen der russischsprachigen Minderheit beschreiben?
Ružejnikov: Insgesamt gut. Es gibt noch Vorurteile, doch unsere Organisation arbeitet zum Beispiel daran, diese abzubauen. Außerdem muss man unterscheiden: Es gibt diejenigen, die Geld bringen und dafür Ruhe und Erholung suchen, und es gibt diejenigen, die eine Arbeit und bessere Lebensbedingungen suchen, die sich irgendwie über Wasser halten. Letztere sind vor allem viele Ukrainer. In den vergangenen Monaten sind allerdings etliche von ihnen wieder zurück in ihre Heimat gegangen.
Sie selbst sind Weißrusse, vertreten aber die gesamte russischsprachige Minderheit. Wie ist denn derzeit das Verhältnis zwischen den Russen und den Ukrainern, die in Karlovy Vary leben?
Ružejnikov: Wegen der Situation in der Ukraine gibt es schon einige Auseinandersetzungen, aber andererseits sind wir hier alle Emigranten. Wir sind alle Teil der russischsprachigen Minderheit und müssen zusammenhalten. Außerdem haben wir keinen Einfluss darauf und keine Schuld daran, was in unseren Heimatländern geschieht. Ich bin froh, dass wir in einem demokratischen Land leben, in dem wir unsere Meinung sagen können, ohne dass uns jemand auf der Straße umbringt.
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