Wunden lecken in der Liga

Wunden lecken in der Liga

Nach schwachen Auftritten im Europapokal müssen sich Tschechiens Spitzenklubs wieder mit der heimischen Meisterschaftsbühne begnügen

21. 8. 2014 - Text: Stefan WelzelText: Stefan Welzel; Foto: Viktoria Plzeň

Das war mehr als ernüchternd. In der dritten Qualifikationsrunde zur Champions- beziehungsweise Europa League mussten sämtliche tschechische Klubs die Segel streichen. Viktoria Pilsen, Slovan Liberec, Mladá Boleslav und Meister Sparta Prag verpassten es vor zwei Wochen, sich für die Playoffs der internationalen Wettbewerbe zu qualifizieren. Einzig Sparta bleibt die Möglichkeit erhalten, gegen den niederländischen Pokalsieger PEC Zwolle die Gruppenphase der Europa League zu erreichen. Die Verlierer der dritten Champions-League-Qualifikationsrunde dürfen automatisch die Playoffs (21. und 28. August) eine Stufe tiefer in Angriff nehmen. In der Synot Liga war deshalb Wiedergutmachung angesagt – diese gelang am vierten Spieltag vergangenes Wochenende allerdings nur Pilsen und Mladá Boleslav.

Als sehr unglücklich kann man das Scheitern von Sparta Prag gegen den schwedischen Meister Malmö FF bezeichnen. Nach einem 4:2-Heimsieg verlor man in Skandinavien mit 0:2. „Wir brauchten nur ein einziges Tor, haben es aber trotz guter Chancen nicht erzielt. Nun müssen wir in der Meisterschaft nach vorn schauen“, resümierte Kapitän David Lafata kühl. Die Enttäuschung dürfte beim Double-Gewinner jedoch enorm sein. Mit einem Team, das so stark ist wie schon lange nicht mehr, wäre der Einzug in die Königsklasse machbar gewesen.

Besonders bitter ist das internationale Aus auch für den Vizemeister aus Pilsen. Nach einem 1:1 im Hinspiel auswärts gegen den rumänischen Vertreter Petrolul Ploieşti blamierte man sich in der heimischen Doosan Arena mit einer 1:4-Niederlage. Bereits in der ersten Halbzeit hatte Viktoria drei Gegentreffer hinnehmen müssen. „Drei Schüsse, drei Tore – da war das Spiel gelaufen“, sagte Mittelfeldakteur und Nationalspieler Daniel Kolář nach dem Spiel. Pilsen ist damit zum ersten Mal seit dem Jahr 2010 in keinem europäischen Pokalwettbewerb vertreten. Die Westböhmen sorgten in den vergangenen Jahren fast im Alleingang für den Höhenflug der tschechischen Liga in der UEFA-Fünfjahreswertung. Dieser endete in der Saison 2013/14 auf Rang 15, der der Synot Liga für die nun angelaufene Spielzeit fünf anstatt vier Startplätze im Europapokal beschert.

Neue Rolle für Horváth
Ob diese in einem Jahr von den tschechischen Klubs erfolgreicher genutzt werden, lässt sich schwer abschätzen. Gelang vergangenen Herbst zum Beispiel Slovan Liberec eine überragende Europa-League-Gruppenphase, schieden die Nordböhmen nun gegen Astra Giurgiu (ebenfalls aus Rumänien) mit einem Gesamtresultat von 2:6 aus. Das Problem der tschechischen Vereine ist stets dasselbe: Sobald man einmal erfolgreich ist, lässt die Ernüchterung im eher dünn besetzten Kader nicht lange auf sich warten. Ausländische Klubs oder Sparta Prag kaufen die besten Spieler weg und man beginnt mit dem Aufbau der Mannschaft wieder von vorne. Dies trifft zur Zeit vor allem auf Liberec, in beschränktem Maße auch auf Mladá Boleslav zu. Dem Drittplatzierten der Vorsaison kann man das Ausscheiden in der Europa-League-Qualifikation allerdings am wenigsten vorwerfen. Gegen den französischen Spitzenverein Olympique Lyon hätte Mladá Boleslav nach der 1:4-Pleite im Hinspiel schon ein Fußballwunder gebraucht, um eine Runde weiter zu kommen. Das Rückspiel ging 1:2 verloren.

Nicht in besagtes „Aderlass-Schema“ passen Viktoria Pilsen und Sparta Prag, die ihre hochkarätig besetzten Mannschaften beisammenhalten konnten. Viktorias Chefetage reagierte umgehend auf die Schmach gegen Ploieşti und entließ am 11. August Trainer Dušan Uhrin. Der Nachfolger des langjährigen Erfolgscoachs und aktuellen Nationaltrainers Pavel Vrba war nur knapp acht Monate im Amt. Einen Tag später präsentierte Pilsen einen neuen Übungsleiter. Überraschend heißt dieser Miroslav Koubek, letzte Saison mit äußerst mäßigem Erfolg bei Slavia Prag aktiv. Ihm zur Seite steht in der Funktion als Spieler-Assistent-Trainer Kapitän Pavel Horváth. „Das ist für alle im Team eine neue Erfahrung. Aber ich werde sowohl auf dem Feld als auch in der Analyse und Vorbereitung des Spiels mein Bestes geben“, so der 39-jährige Horváth. Davon überzeugen konnten sich die Pilsener Fans vergangenen Sonntag beim 4:0 gegen einen allerdings schwachen Aufsteiger aus Hradec Králové. Dennoch: Viktoria konnte sich mit dem Sieg für das peinliche Europapokal-Aus rehabilitieren.

Am Samstag leckte bereits Mladá Boleslav mit einem 4:1 gegen den 1. FK Příbram seine Wunden aus dem internationalen Scheitern. Stürmer Tomáš Wagner, Anfang der Saison aus Pilsen gekommen, brachte sein Team mit zwei Treffern in der 16. und 18. Minute früh auf die Siegerstraße. „Die schnelle Führung mit dem Doppelpack von Tomáš war bereits die Entscheidung“, beurteilte Boleslav-Trainer Karel Jarolím kurz nach dem Schlusspfiff das Geschehen. Der ambitionierte Klub aus Mittelböhmen will auch in dieser Saison wieder ins internationale Geschäft. Der Saisonstart kann sich mit sieben Punkten aus vier Spielen schon einmal sehen lassen.

Enttäuschend verliefen die ersten Spiele in der Meisterschaft hingegen für Liberec. Mit einem 0:0 gegen Dukla Prag bleibt man auch nach dem vierten Spieltag in den tieferen Lagen der Tabelle hängen. Einen überraschenden Rückschlag erlitt Sparta Prag. Am Freitagabend musste man sich im eigenen Stadion mit Baník Ostrava ausgerechnet einem Erzfeind mit 0:1 geschlagen geben – es war die erste Heimniederlage für Sparta seit über zwei Jahren. Nach einem frühen Tor von Ján Greguš in der fünften Minute rannte Sparta fast das ganze Spiel vergeblich einem Treffer hinterher. Irgendwie scheint die spielerische Leichtigkeit seit der Enttäuschung in Malmö abhandengekommen zu sein. Für das Ansehen des tschechischen Klubfußballs ist zu hoffen, dass Sparta diese sowie seine Effizienz vor dem gegnerischen Gehäuse in den Partien gegen Zwolle wiederfindet.