Zeman zögert
Staatspräsident will ČSSD-Chef Sobotka zum Premier ernennen und weiterhin mitreden
15. 1. 2014 - Text: Marcus HundtText: mh/čtk; Foto: čtk
Präsident Miloš Zeman wird aller Voraussicht nach am kommenden Freitag Bohuslav Sobotka zum Regierungschef ernennen. Dennoch habe er nach wie vor Vorbehalte gegenüber einigen Ministerkandidaten. Auf einer Pressekonferenz Ende vergangener Woche machte Zeman deutlich, dass er die Zeit bis zur Ernennung der Regierung nutzen will, um über die Zusammensetzung des neuen Kabinetts zu diskutieren. Schließlich stehe ihm dieses Recht zu. „Die Regierung wird vom Staatsoberhaupt auf Vorschlag des Premiers ernannt, so steht es in der tschechischen Verfassung. Das Wort ,Vorschlag‘ bedeutet nicht, dass ich die Kandidatenliste akzeptieren muss“, betonte Zeman die ihm zustehenden Befugnisse und demonstrierte die Macht eines Präsidenten, wie er es seit seinem Amtsantritt im März 2013 bereits mehrfach getan hat.
So etwa im Fall seiner Entscheidung, gegen den Willen der Parlamentsparteien eine Beamtenregierung unter Jiří Rusnok einzusetzen, oder seiner Weigerung, den homosexuellen Literaturwissenschaftler Martin C. Putna zum Professor zu ernennen. Letzten Endes konnte Zeman weder die im Oktober abgehaltenen Neuwahlen noch die Berufung Putnas verhindern, gleichwohl er beides hinauszuzögern vermochte. Ähnlich verhält es sich nun mit der Ernennung der Regierung. Nachdem der Koalitionsvertrag zwischen ČSSD, ANO und KDU-ČSL bereits am 6. Januar unterzeichnet worden war, wäre dieser Akt in parlamentarischen Demokratien schon längst vollzogen.
Dass der Präsident noch Einfluss auf die getroffenen Entscheidungen der designierten Regierungskoalition nehmen kann, bezweifeln selbst Verfassungsrechtler. Gegenüber dem Tschechischen Rundfunk erklärte Marek Antoš von der Juristischen Fakultät der Prager Karls-Universität, Zeman sei verpflichtet, dem Kabinettsvorschlag zu entsprechen, falls keine schwerwiegenden rechtlichen Gründe dagegen sprächen.
Zemans Vorbehalte richten sich in erster Linie gegen zwei Sozialdemokraten; zum einen gegen den als Innenminister vorgeschlagenen Milan Chovanec, zum anderen gegen Jan Mládek, den designierten Minister für Industrie und Handel. Bei Mládek bemängelte er, dass dieser keine Sicherheitsüberprüfung durch den Nachrichtendienst absolviert habe. Die Bedenken des Präsidenten entziehen sich jedweder Grundlage, denn ein solches Verfahren ist für die Ausübung eines Ministeramtes gar nicht vorgesehen. Im Falle von Chovanec erwähnte Zeman dessen Studium an der Juristischen Fakultät der Westböhmischen Universität in Pilsen, die durch den sogenannten „Schnellstudium-Skandal“ in die Schlagzeilen geraten war. Nachdem Chovanec zwei Jahre lang einen Kurs an der Volkshochschule besucht hatte, nahm ihn die Pilsener Universität in das dritte Studienjahr auf. Neun Monate später wurde Chovanec der Bachelor-Titel verliehen.
„Diese Angelegenheit ist in einem ordentlichen Verwaltungsverfahren geprüft und für einwandfrei befunden worden“, weist Sobotka diesen Zweifel des Präsidenten zurück. Auch die Bedenken gegenüber anderen Kandidaten würden nichts daran ändern, „dass diese Leute Minister werden“, ist sich der designierte Regierungschef sicher.
Für Zemans neueste Verzögerungstaktik zeigen die meisten Tschechen wenig Verständnis. 52 Prozent, so geht aus einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Median hervor, sprechen sich dafür aus, dass der Präsident die Regierung ohne Bedingungen ernennen sollte. Immerhin 38 Prozent befürworten demnach Zemans Verhalten, auf den Austausch bestimmter Ministerkandidaten zu bestehen.
„Wie 1938“
„Unterdurchschnittlich regiert“