Zynisch und ohne Hass
Mit der Ausstellung „HateFree?“ beziehen Künstler Position gegen Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit
28. 1. 2016 - Text: Stefan Welzel, Fotos: DOX
Soll Kunst politisch sein? Muss sie es sogar in Zeiten, in denen immer mehr Europäer aus Angst vor Migranten ultrarechten Parteien ihre Stimme geben? Geht es nach den Mitgliedern der Initiative „HateFree“, kann die Antwort nur ein klares Ja sein. Für eine Ausstellung im Kunstzentrum DOX sammelten sie Beiträge von Künstlern und Kollektiven, um sich auf die Seite derer zu schlagen, die aufgrund ihrer Herkunft, Hautfarbe, Religion oder sexuellen Orientierung mit Vorurteilen, Hass und Aggressionen konfrontiert werden.
Das Projekt „HateFree“ wird von der staatlichen Agentur für soziale Integration koordiniert. Die Initiative soll zivilgesellschaftliche Kräfte für Toleranz und Solidarität mobilisieren. Im Zentrum stehen kulturelle Veranstaltungen wie Filmvorführungen oder die Ende vergangener Woche eröffnete Ausstellung im DOX.
Dort begrüßt ein Herz aus Maschendrahtzaun die Besucher. Ausgeschnitten haben es anonyme Künstler vor dem Flüchtlingslager im südböhmischen Drahonice. Auf dem Werk mit dem Namen „De-fence“ prangt das Originalschild mit der Aufschrift „Zutritt verboten – bewachtes Gelände“. Nur ein paar Schritte weiter kann man es sich auf der Installation des Pragers Richard Wiesner bequem machen. Seine Sitzgelegenheit „Ruhestätte“ hat die Form eines Hakenkreuzes. Schnell wird klar: Hier beziehen Künstler in provokativer Art und Weise Stellung. Ihre Arbeiten sollen zum Nachdenken anregen, die Gemüter erhitzen, vielleicht sogar ein sarkastisches Schmunzeln hervorrufen.
Spätestens mit der Installation „Refurental Service“ begegnet man einem grenzwertigen Zynismus, den unbenannte Künstler mit ihrem vermeintlichen „Flüchtlings-Verleih“ versprühen. In einer Sitzecke kann man sich gemütlich einen Katalog mit Migranten anschauen, die man tage- oder wochenweise mieten kann, denn „jeder kann auf die elementarste ökonomische Kategorie der Ressource reduziert werden“. Als billige oder auch qualifizierte Arbeitskraft werden Menschen aus der Ukraine, Afghanistan oder dem Iran angeboten.
Zur Schau passt auch das Kunst- und Filmprojekt „Ausländer raus! Schlingensiefs Container“, das in der Endlosschleife auf eine Leinwand projiziert wird. In dem Video aus dem Jahr 2000 persiflierte der inzwischen verstorbene Regisseur Christoph Schlingensief die Fernseh-Show „Big Brother“, indem er Asylsuchende in einen Wohncontainer sperrte. Von dort sollten sie per Internetabstimmung, natürlich fingiert, einer nach dem anderen „abgewählt“ und abgeschoben werden. Die Reaktionen in Österreich waren damals heftig. Es ist der spannenden und vielseitigen Ausstellung im DOX zu wünschen, dass sie viele Besucher anzieht und diese in ähnlicher Weise wie Schlingensief ein wenig aus der Reserve locken kann.
HateFree? DOX (Poupětova 1, Prag 7), geöffnet: Sa.–Mo. 10 bis 18 Uhr, Mi. & Fr. 11 bis 19 Uhr, Do. 11 bis 21 Uhr, dienstags geschlossen, Eintritt: 180 CZK (ermäßigt 90 CZK), bis 21. März
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